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kürzere Zeit, nämlich für sechs Wochen oder zwei Monate, und Montagu bemerkt, dass „diese doppelte Mauserung innerhalb einer so kurzen Zeit ein äusserst merkwürdiger Umstand ist, welcher allem menschlichen Nachdenken Trotz zu bieten scheint“. Wer aber an die allmähliche Modification der Arten glaubt, wird durchaus nicht überrascht sein, Abstufungen aller Arten zu finden. Sollte die männliche Spiessente ihr neues Gefieder innerhalb einer noch kürzeren Zeit erhalten, so würden die neuen männlichen Federn beinahe nothwendig mit den alten sich vermischen und beide wieder mit einigen, die dem Weibchen eigenthümlich sind; und dies ist allem Anscheine nach bei dem Männchen eines in nicht sehr entferntem Grade mit jenen verwandten Vogels, nämlich bei dem des Merganser serrator, der Fall. Denn hier sagt man, dass die Männchen „eine Veränderung des Gefieders erleiden, welche sie in einem gewissen Maasse den Weibchen ähnlich macht“. Durch eine unbedeutend weitergehende Beschleunigung des Vorgangs würde die doppelte Mauserung vollständig verloren gehen.[1]

Einige männliche Vögel werden, wie früher schon angegeben, im Frühjahre heller gefärbt, nicht durch eine Frühlingsmauserung, sondern entweder durch eine wirkliche Veränderung der Farbe in den Federn oder durch das Abstossen der dunkel gefärbten hinfälligen Ränder derselben. Die hierdurch verursachte Aenderung der Farbe kann eine längere oder kürzere Zeit andauern. Bei dem Pelecanus onocrotalus breitet sich ein schöner rosiger Hauch über das ganze Gefieder im Frühlinge aus, wobei citronengefärbte Flecke auf der Brust auftreten. Diese Färbungen halten aber, wie Mr. Sclater anführt, „nicht lange an, sondern verschwinden allgemein in ungefähr sechs Wochen oder zwei Monaten, nachdem sie erlangt worden sind“. Gewisse Finken stossen die Ränder ihrer Federn im Frühlinge ab und werden hierdurch heller gefärbt, während andere Finken keine Veränderung dieser Art erleiden. So bietet die Fringilla tristis der Vereinigten Staaten (ebenso wie viele andere americanische Species) ihre hellen Farben nur dar, wenn der Winter vorüber ist, während unser Stieglitz, welcher jenen Vogel in der Lebensweise genau repräsentirt, und unser Zeisig, welcher demselben der Structur nach noch näher entspricht,


  1. s. Macgillivray, History of British Birds, Vol. V, p. 34, 70 und 223, über die Mauserung der Anatiden, mit Citaten nach Waterton und Montagu. s. auch Yarrell, History of British Birds, Vol. III,. p. 243.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/91&oldid=- (Version vom 31.7.2018)