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eindrucksvollen Gestaden Rügens zum ersten Male nach Trelleborg kommt, muß unsagbar enttäuscht sein.

Ich wußte, daß der Trajekt um sieben Uhr Trelleborg verläßt. Ich hatte gerade noch Zeit, mir eine Fahrkarte zu lösen. Gerda hatte mir in das Päckchen auch fünfhundert Kronen hineingelegt, dazu noch, mir sehr wertvoll, eine jener Damen-Miniaturpistolen, wie die Stockholmer Waffenfabrik sie neuerdings mit Patronenrahmen zu sieben Stück auf den Markt gebracht hat.

Die Paßkontrolle ging ohne Weiterungen vonstatten, desgleichen die Zollkontrolle. Mein kleiner Koffer enthielt ja nur die allerbescheidensten und allernotwendigsten Reiseutensilien. Die Schminkstifte hatte ich weggeworfen.

So betrat ich denn den Rauchsalon der eleganten „Drottning Viktoria“, setzte mich in einen Klubsessel und bestellte beim Steward Frühstück.

Die Schiffsglocke am Kai begann zu läuten. Ich atmete doch ein wenig erleichtert auf. Gleich mußte der große Dampfer, den D-Zug unten in seinem weiten Bauche, die Liegestelle verlassen.

Die Schiffsglocke hörte jäh mit ihrem Gebimmel auf.

Die Maschinen, die bereits in Gang gewesen, stoppten wieder, und das dumpfe Dröhnen, das sie hier zum Oberdeck emporgeschickt hatten, verstummte.

Ich nahm den ersten Schluck Kaffee und den ersten Happen des noch bäckerwarmen Brötchens, dann schob ich die kleine Pistole in den rechten Ärmel – entsichert. Lebend fing mich niemand. Und aß weiter, nur die Linke benutzend.

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/18&oldid=- (Version vom 31.7.2018)