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Hochmut eines Mannes, der frühzeitig an Befehlen gewöhnt gewesen und der zugleich auch einer großen Verantwortung für Menschen, die ihm blindlings ergeben, sich bewußt war.

So saß denn nun hier in der nach Teer, Benzin, Kaffee und schlechtem Tabak duftenden Kajüte dieses lebende Rätsel mir in des alten Holger Jörnsen fleckigen blauen Büxen und in einem vielfach gestopften Wollsweater gegenüber und ahnte nicht, wie unendlich nahe mir sein trauriges Geschick ging. Entsetzlich mußte der Gedanke für ihn sein, daß er vielleicht irgendwo in Deutschland oder sonstwo in der Welt als tot betrauert wurde und doch lebte – als Boche-Boche – – noch heute, denn – so hatte er mir vorhin erklärt, er hatte an diesem Namen, der nichts als eine Beschimpfung war, mit Zähigkeit festgehalten … „Es ist doch immerhin ein Name, Kamerad … Es ist etwas Positives von mir, da meine Entlassungspapiere aus der Gefangenschaft genau so lauteten: Boche Boche …! Was tut es mir, daß es „Schwein Schwein“ bedeutet?! Über derartiges ist unsereiner erhaben.“ –

Holger Jörnsen, der Besitzer des Kutters, hatte uns vorhin auch eine halbe Kiste Zigarren und ein Päckchen Zigaretten auf das Tischchen gestellt. Mein Gefährte blickte mich an. „Du gestattest wohl, daß ich rauche …“ und seine schmale, sehnige Hand, die schmutzig und ungepflegt wie die eines einfachen Matrosen war, nahm zierlich eine der Zigaretten.

Ich nahm eine Zigarre. Höflich rieb er ein Zündholz an … „Bitte …“

„Nach dir …“

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/39&oldid=- (Version vom 31.7.2018)