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Viel Häßliches, viel Elend streift man auf solch kurzem Abendweg. Ich drückte das Gesicht in den großen Strauß Garziner Flieders, den ich mir mitgenommen, und es war mir, als hörte ich leise, durch all den rasselnden, rollenden Straßenlärm hindurch, die alten Worte, die unser aller Grabspruch sein könnten:

 O Herrgott, richt mit Mild den Mann,
 Denn niemals er den Wunsch ersann,
 Des Lebens Fahrt zu treten an!




30.


Berlin, Mai 1900.

Bei einem entfernten Verwandten meiner Mutter, den ich Onkel nenne, bin ich gewesen. Ich glaube, er würde Ihnen gefallen, drum will ich Ihnen von ihm erzählen.

Nach äußerlicher menschlicher Klassifikation gehört er zu den deutschen Professoren, aber ich glaube, innerlich und eigentlich ist er ein Wesen aus einer klassischen Periode, vielleicht ein auferstandener alter Grieche, der in einer Tonne hauste und den Dingen zuschaute, oder der einstmalige Abt eines berühmten Klosters der italienischen

Empfohlene Zitierweise:
Elisabeth von Heyking: Briefe, die ihn nicht erreichten. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin 1903, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Briefe_die_ihn_nicht_erreichten_Heyking_Elisabeth_von.djvu/161&oldid=- (Version vom 31.7.2018)