Seite:De Thalia Band1 Heft1 120.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

des Fanatismus rauher Henkersknecht,
vor Brüßel rückt, und ihren Glauben mustert.
Auf Kaiser Karls glorwürd’gem Enkel ruht
die lezte Hoffnung dieser edlen Lande.
Sie stürzt dahin, wenn sein erhabnes Herz
vergessen hat, für Menschlichkeit zu schlagen.

Karlos.
(nach einigem Stillschweigen)
So stürzt sie denn dahin.

Marquis.
 Ist das die Antwort,
die Karlos der Verzweiflung gibt?

Karlos.
 Was soll ich?
Was will man denn? Nur Tränen kann ich geben,
und Tränen brauch ich für mich selbst. Verließ
der Himmel mich – was ligt an Nationen?

Marquis.
Hier kenn ich meinen Karl nicht mehr. Spricht so
der große Mensch – vielleicht der einzge, den
die Geisterseuche seiner Zeit verschonte?
Der bei Europas allgemeinem Taumel
noch aufrecht stand – den gift’gen Schierlingstrank
des Pfaffenthums, von welchem schon das zweite
Jahrtausend sich im Schwindel dreht, beherzt
vom Munde stieß – der gegen Priesterblize
und eines Königs schlaue Heiligkeit


Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft1_120.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)