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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

verabsäumt. Eine kleine unscheinbare Figur, kraußes Haar von einer unangenehmen Schwärze, eine plattgedrükte Nase und eine geschwollene Oberlippe, welche noch überdies durch den Schlag eines Pferdes aus ihrer Richtung gewichen war, gaben seinem Anblik eine Widrigkeit, welche alle Weiber von ihm zurükscheuchte, und dem Wiz seiner Kameraden eine reichliche Nahrung bot. Die Verachtung seiner Person hatte früh seinen Stolz verwundet, und zündete endlich einen schleichenden Unmuth in seinem Herzen an, welcher nie mehr erloschen ist.

Er wollte ertrotzen, was ihm verweigert war; weil er misfiel, sezte er sich vor zu gefallen. Er war sinnlich, und beredete sich daß er liebe. Das Mädchen das er wählte, mishandelte ihn, er hatte Ursache zu fürchten, daß seine Nebenbuler glüklicher wären; doch das Mädchen war arm. Ein Herz, das seinen Betheurungen verschlossen blieb, öfnete sich vielleicht seinen Geschenken, aber ihn selbst drükte Mangel, und der eitle Versuch, seine Außenseite gelten zu machen, verschlang vollends das wenige, was er durch eine schlechte Wirthschaft erwarb. Zu bequem und zu unwissend, seinem zerrütteten Hauswesen durch Spekulation aufzuhelfen, zu stolz, auch zu weichlich den Herrn der er bisher gewesen war, mit dem Bauer zu vertauschen, und seiner angebeteten Freiheit zu entsagen, sah er nur einen Ausweg vor sich – den tausende vor ihm und nach ihm mit besserem Glücke ergriffen

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_026.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)