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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

möchte, einige fürstliche Dragoner, die mir eben begegnet waren, ließen mich errathen, daß Garnison in dem Städtchen lag. „Soldatendirne!“ rief ich, und drehte ihr lachend den Rücken zu. Es that mir wohl, daß noch ein Geschöpf unter mir war im Rang der Lebendigen. Ich hatte sie niemals geliebt.“

„Meine Mutter war todt. Mit meinem kleinen Hauße hatten sich meine Kreditoren bezahlt gemacht. Ich hatte niemand und nichts mehr. Alle Welt floh mich wie einen Giftigen, aber ich hatte endlich verlernt mich zu schämen. Vorher hatte ich mich dem Anblik der Menschen entzogen, weil Verachtung mir unerträglich war. Jezt drang ich mich auf, und ergözte mich sie zu verscheuchen. Es war mir wohl, weil ich nichts mehr zu verlieren, und nichts mehr zu hüten hatte. Ich brauchte keine gute Eigenschaft mehr, weil man keine mehr bei mir vermuthete. Man ließ mich Schandthaten büßen, die ich noch nicht begangen hatte; ich hatte noch schlechte Streiche bei dem Menschengeschlecht gut, weil ich im voraus dafür gelitten hatte. Meine Infamie war das niedergelegte Kapital, von dessen Zinsen ich noch lange Zeit schwelgen konnte.“

„Die ganze Welt stand mir offen, ich hätte vielleicht in einer fremden Provinz für einen ehrlichen Mann gegolten, aber ich hatte den Muth verloren, es auch nur zu scheinen. Verzweiflung und Schande hatten mir endlich diese Sinnesart aufgezwungen. Es war die lezte Ausflucht die mir übrig war, die Ehre

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_033.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)