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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Weiber. Soll ichs gestehn? Die Freude war ungeheuchelt und herzlich, Vertrauen, Achtung sogar erschien auf jedem Gesichte, dieser drükte mir die Hand, jener schüttelte mich vertraulich am Kleide, der Auftritt war wie das Wiedersehen eines alten Bekannten, der einem werth ist. Meine Ankunft hatte den Schmauß unterbrochen, der eben anfangen sollte. Man sezte ihn sogleich fort, und nöthigte mich, den Willkomm zu trinken. Wildpret aller Art war die Malzeit, und die Weinflasche wanderte unermüdet von Nachbar zu Nachbar. Wohlleben und Einigkeit schien die ganze Bande zu beseelen, und alles wetteiferte seine Freude über mich zügelloser an den Tag zu legen.“

„Man hatte mich zwischen zwo Weibspersonen sizen lassen, welches der Ehrenplaz an der Tafel war. Ich erwartete den Auswurf ihres Geschlechts, aber wie groß war meine Verwunderung, als ich unter dieser schändlichen Rotte die schönste weibliche Gestalten entdekte, die mir jemals vor Augen gekommen. Margarete die älteste und schönste von beiden ließ sich Jungfer nennen, und konnte kaum fünf und zwanzig seyn. Sie sprach sehr frech, und ihre Gebärden sagten noch mehr. Marie die jüngere war verheurathet, aber einem Manne entlaufen, der sie mishandelt hatte. Sie war feiner gebildet, sah aber blaß aus und schmächtig, und fiel weniger ins Auge als ihre feurige Nachbarin. Beide Weiber eiferten auf einander, meine Begierden zu entzünden, die schöne Margarete kam meiner Blödigkeit

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_045.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)