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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Sieh, Göttin, mich zu deines Trones Stuffen,

10
     wo ich noch jüngst, ein frecher Beter, lag,

Mein übereilter Eid sey widerrufen,
     vernichtet sey der schrekliche Vertrag,

Den du im süßen Taumel einer warmen Stunde
     vom Träumenden erzwangst,

15
Mit meinem heißen Blut in unerlaubtem Bunde,

     betrügerisch aus meinem Busen rangst.

Wo sind die Feuer, die elektrisch mich durchwallten,
     und wo der starke kühne Talisman?
In jenem Wahnwiz will ich meinen Schwur dir halten,

20
     worinn ich unbesonnen ihn gethan.


Zerrissen sey, was du und ich bedungen haben,
     Sie liebt mich – deine Krone sey verscherzt.
Glükselig, wer in Wonnetrunkenheit begraben,
     so leicht wie ich, den tiefen Fall verschmerzt.

25
Sie sieht den Wurm an meiner Jugend Blume nagen,

     und meinen Lenz entflohn,
Bewundert still mein heldenmütiges Entsagen
     und großmuthsvoll beschließt sie meinen Lohn.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_060.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)