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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Nothwendig mußte das einen Geist der Verfolgung entzünden, welcher bald in einen politischen Fanatismus übergieng. Dieses Gift verbreitete sich bald durch alle Adern der Regierung, alles ward der Religionsmeinung untergeordnet und aufgeopfert. Wer sich unterstand zu denken wurde hinweggeschaft, was nur den Geist der Untersuchung athmete, verdächtig gemacht und gebrandmarkt. Unnatürliche Ausschweifung einer Religion, die sich auf allgemeines Wohlwollen gründet!

Dieser schändliche Despotismus verunstaltete bald alle Zweige der Gesezgebung, und machte sie zugleich kleingeistisch und grausam. Die Form des Gottesdiensts glich einer abgeschmakten lästigen Etikette, und dieser ewige Zwang mußte endlich die Heuchelei, eine Mutter so vieler Laster, gebähren. Ein finstrer und grausamer Aberglauben verschlang das Licht der Vernunft, und errichtete seinen Tron auf den Trümmern der Gewissensfreiheit. Dieses traurige Loos traf alle spanische Reiche – der Fanatismus legte in diesem weiten Erdstrich der Dummheit seine Pflanzungen an, und das Volk wurde zum Thier heruntergestoßen. Aber dennoch hintergieng der Erfolg die Erwartungen, die man sich von diesem Verfahren gebildet hatte. Der Mensch, von dem doppelten Joch der Sklaverei und der Dummheit belastet, schweift gerne von einem Extrem zum andern, und geht von einem blinden Gehorsam zu zügellosen Empörungen über. So fand sich

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_074.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)