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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

Als Holland und Seeland, der Tirannei Philipp des Zweiten überdrüßig, sich unter die Oberherrschaft der Elisabeth begeben wollten, antwortete sie den Gesandten die ihr den Antrag thaten, sie hielte es nicht für schön noch anständig sich fremden Eigenthums zu bemächtigen, und fügte hinzu, Holland habe Unrecht der Messe wegen so viel Verwirrung anzurichten; aber nachdem sie so gesprochen hatte, wußte sie auch als Fürst zu handeln; sie errieth, daß die Neuerer in Europa die Stüzen einer Freiheit werden würden, welche der Römische Hof und das Haus Oesterreich zu vernichten strebten.

Man will behaupten, daß Elisabeth das Völkerrecht verlezte, indem sie die Niederländer unterstüzte, daß sie nicht berechtigt war sich in diesen Streit zu mischen und sich zum Richter über die Ungerechtigkeit Philipps gegen die Niederländer aufzuwerfen. Aber das ist ein Trugschlus; die Staaten hängen so gut zusammen, als die einzelnen Menschen. Politik und Menschlichkeit erfordern, daß ein Unrecht, welches einer Nation zugefügt wird, von allen andern bemerkt und geahndet werde. Das Interesse der großen Gesellschaft will es augenscheinlich, daß man die Grundgeseze eines Staats nicht ungestraft verlezen lasse; die große Gesellschaft darf bei den überlegten Beleidigungen eines blinden oder unbändigen Tirannen nicht unthätig bleiben; das gemeinschaftliche Interesse muß alle Regungen der politischen Körper bestimmen; die Europäische Gesellschaft hat keinen andern wesentlichen Zwek.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft2_087.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)