Seite:De Thalia Band1 Heft4 091.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

und eine tiefe Stille beobachten; vorzüglich empfahl er uns, ja keine Frage an die Erscheinung zu thun. Den Engländer und mich (gegen uns beide schien er das meiste Mistrauen zu hegen) ersuchte er, zwei bloße Degen, unverrükt und kreuzweise, einen Zoll hoch, über seinem Scheitel zu halten, so lange die Handlung dauern würde. Wir standen in einem halben Mond um ihn herum, der Russische Offizier drängte sich dicht an den Engländer und stand zunächst an dem Altar. Das Gesicht gegen Morgen gerichtet, stellte sich der Magier jezt auf den Teppich, sprengte Weihwasser nach allen vier Weltgegenden, und neigte sich dreimal gegen die Bibel. Eine halbe Viertelstunde dauerte die Beschwörung, von welcher wir nichts verstanden; nach Endigung derselben gab er denen die zunächst hinter ihm standen ein Zeichen, daß sie ihn jezt fest bei den Haaren fassen sollten. Unter den heftigsten Zukkungen rief er den Verstorbenen dreimal mit Namen, und das drittemal strekte er nach dem Kruzifixe die Hand aus – – -

Auf einmal empfanden wir alle zugleich einen Streich wie vom Blizze, daß unsre Hände auseinander flogen, ein plözlicher Donnerschlag erschütterte das Haus, alle Schlösser klangen, alle Thüren schlugen zusammen, der Dekkel an der Kapsel fiel zu, das Licht löschte aus und an der entgegenstehenden Wand, über dem Kamine zeigte sich eine menschliche Figur, in blutigem Hemde, bleich und mit sterbendem Gesicht.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft4_091.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)