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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält

seiner Stärke als seiner Dauer nur bis auf einen gewissen Punkt angenehm ist, und sobald er diesen Punkt überschreitet, wegen der daraus nothwendig erfolgenden Ueberspannung oder Erschlaffung Schmerz wird. Jedes allzulange Anhalten einer und derselben Empfindung also – du hast mich wohl nicht verstanden sagte Moluk, ich wollte keine Abhandlung von Danischmenden. Fahre in deiner Erzählung fort. – Der Kaiser Hoangti durfte also nur sehen, daß ein einziger seiner Befehle nicht so befolgt wurde, wie er es wünschte, oder daß er nicht die Folgen hatte, die er hofte, oder durfte erfahren, daß jemand in Armuth und Elend schmachtete, welches sich nicht vermeiden ließ, weil er nicht selten in einem Incognito ausgieng, das einem Kaiser von China um so leichter wird, weil seine Unterthanen, außer den Tag da er die Hand an den Pflug legt, ihn nie zu sehen bekommen; mit einem Worte bei jeder dieser Gelegenheiten pflegte er auszurufen: Es muß kein Land so unglüklich sein wie das, das ich beherrsche, und kein Mensch so elend wie ich, dem kein einziger seiner Wünsche erfüllet wird. Und ich, sagte einmal darauf der Mandarin,[1] den er immer um sich hatte, behaupte, daß Ew. Majestät gerade nicht mehr und nicht weniger Ursache haben, über Unglük zu klagen, als irgend einer von den Bewohnern des Chinesischen Reichs oder der ganzen Welt. Denn wir haben alle Unglük nach Verhältnis der Erwartungen, die getäuscht werden können, und größtentheils getäuscht werden müssen, mithin sind wir darinnen alle gleich. Dein Saz kann sehr weise


  1. Vorlage: Madarin
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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Erster Band welcher das I. bis IV. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1785–1787, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band1_Heft4_110.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)