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unerzogen seiner unversorgten Wittwe zurückließ. Die Familie gerieth in die fruchtbare Noth aller derjenigen wo der Mann der alleinige Versorger ist und mit seinem Leben das der Seinigen erhält. Als eine kleine Pension und ein Zuschuß aus einer Wittwenkasse der Madame Brand ein jährliches Einkommen von 200 Thalern sicherte, mußte sie sehr zufrieden sein. Sie, die Tochter eines verarmten Kaufmanns von der französischen Colonie in Berlin, hatte bessere Tage gesehen, war schwach und kränklich, war nicht gewachsen der Arbeit, der Sorge, dem Gram. Sie erkrankte nach einigen Jahren an der Wassersucht, und ihr trauriges Siechthum fiel nun der heranwachsenden Tochter zur Last. Bei dreizehn Jahren mußte Dorothee die Mutter pflegen, das kleine Hauswesen führen, für den um ein Jahr älteren Bruder insofern sorgen, als sie für ihn kochte, nähte, wusch - Alles that was im Bereich des Weibes lag, und das trieb bis in ihr zwanzigstes Jahr, wo die Mutter starb. Leonor hatte schon zwei Jahr früher die Schule in Glatz verlassen um eine Universität zu beziehen, zu deren Studien glühender Eifer ihn seit frühester Kindheit trieb. Ein älterer Bruder seines Vaters, ein reicher Mann, kinderlos und unabhängig, vom Teufel des Geizes besessen, ließ sich willig finden an Leonor

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/147&oldid=- (Version vom 31.7.2018)