Seite:De Zwei Frauen (Hahn-Hahn) v 2.djvu/214

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Familie im Gasthof „zum Schwert“, der ihnen im Winter, wo es keine Reisende gab, eine eben so stille, aber geräumigere Wohnung bot als Corneliens Häuschen. Sie betrat es nie wieder. Der Abschnitt ihres Lebens der sich an dasselbe knüpfte, war mit seinen Kämpfen und Genüssen, Martern und Wonnen, mit seinem Ernst und seiner Erkenntniß, wie ein untergehendes Sternbild unter ihren Horizont gesunken; aber ihr war zu Sinn als ob dafür andere, leuchtendere Sterne feierlich in der Tiefe ihres Wesens aufgingen.

Während dieser drei Monate war sie eine Märtyrin, wie die arme Aurora zu sein wähnte, aber nicht des stumpfen Glaubens, sondern der lebendigen Liebe; und das ist um so viel höher als die Liebe, die eine Kraft Gottes ist, über dem Glauben steht, der nur Kraft des Menschen ist. Eustach marterte sie. Er hatte ganz Recht! er war der Egoist, der er immer gewesen: er dachte auch jezt nur an sich. Das Leben war ihm schwer wie dem Galeerensträfling seine Kette; er machte Cornelien zu dem Gefährten, welcher an deren andres Ende geschmiedet ist. Ihm war nicht zu helfen. Die Lähmung des Sehnervs, mithin der schwarze Staar, war entschieden; dennoch begehrte er Hofnung und verfiel in Zustände von halbem Wahnwitz, wenn

Empfohlene Zitierweise:
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 213. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/214&oldid=- (Version vom 31.7.2018)