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Augen suchten einen beliebigen Ruhepunkt. Er starrte unverwandt auf dieselbe Stelle der Zeitung.

„Wenn’s das wäre!“ murmelte er nun.

Und dann schlug er sich mit der flachen Hand vor die Stirn.

„Goorb – Goorb! Ich hätte sofort daran denken müssen,“ rief er. „Man ist eben noch immer nicht sorgfältig genug! Es wird mir eine Lehre sein!“ – Er wollte noch mehr hinzufügen. Die Tür wurde jedoch plötzlich aufgestoßen, und herein traten zwei Farbige, die nur mit Leinenhosen bekleidet waren. In den um die Hüften geschnallten Riemen steckten lange Dolche und hingen Revolvertaschen.

„Ihr sollt gefesselt werden,“ sagte der eine in schlechtem Englisch. „Der Tuwan befiehlt es.“ (Tuwan, Herr. Malaiischer Ausdruck).

Harald nickte nur. Wir standen auf. Der andere Farbige, dem Gesichtsschnitt nach ebenfalls ein Malaie, hielt einen Revolver schußbereit, während der erste uns mit dünnen Büffelriemen die Hände vor der Brust in sehr raffinierter Art so zusammenband, daß wir die Knoten einer dem anderen unmöglich aufmachen konnten, anderseits dadurch aber auch nicht gepeinigt wurden. Das Bestreben des Malaien, uns Schmerzen zu ersparen, war deutlich herauszumerken. – Dann verband er uns die Augen und führte uns auf Deck und das Fallreep hinab in ein Boot. Wir wurden hier auf eine Bank gedrückt. Benzindüfte umwehten uns. Ein Motor sprang an. Das Boot schoß davon. Die See ging ziemlich hoch. – Nach etwa einer Stunde brachte man uns wieder auf ein größeres Schiff und über eine schmale Treppe in eine winzige Kammer. Hier wurden uns die Tücher von den Augen entfernt. Wieder standen die Malaien vor uns. Der eine hatte eine Petroleumlaterne in der Hand.

„Wenn Ihr nicht zu entfliehen gedenkt, nehme ich Euch die Fesseln ab,“ sagte derselbe Sprecher von vorhin.

Harald schien zu überlegen. Dann erwiderte er:

„Wie lange sollen wir hier gefangen gehalten werden?“

„Das bestimmt der Tuwan.“

„Dann bestelle dem Tuwan, daß er sich vor mir inachtnehmen soll. Ich werde die Rache vernichten.“

Ich horchte auf. – Die Rache vernichten?! Was hieß das?

Der Malaie stand unschlüssig in der Kammertür.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Der Piratenschoner. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Piratenschoner.pdf/26&oldid=- (Version vom 31.7.2018)