Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/64

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und Kindern mit Lasten und Bündeln auf dem Rücken wurden in einer kleinen Querstraße in der Nähe des Konsulats gesammelt, und, sobald etwa 100 zusammengekommen waren, wurden sie von Gendarmen mit aufgepflanztem Bajonett am Konsulat vorüber in Hitze und Staub auf der Straße nach Erzerum hingetrieben. Außerhalb der Stadt ließ man sie halten, bis etwa 2000 beisammen waren; dann schickte man sie weiter. Drei solcher Gruppen, zusammen etwa 6000, wurden während der ersten drei Tage von hier verschickt, und kleinere Gruppen aus Trapezunt und der Umgegend, die später deportiert wurden, beliefen sich auf weitere etwa 4000. Das Weinen und Klagen der Frauen und Kinder war herzzerreißend. Einige dieser Armen stammten aus reichen und vornehmen Kreisen. Sie waren Reichtum und Wohlstand gewöhnt. Da waren Geistliche, Kaufleute, Bankiers, Juristen, Mechaniker, Handwerker, Männer aus allen Lebenskreisen. Der Generalgouverneur sagte mir, sie dürften Anordnungen für Fuhrwerke treffen, aber niemand schien irgend etwas vorzubereiten. Doch weiß ich von einem Kaufmann, der 15 türk. Pfd. (270 Mk.) für einen Wagen bezahlte, der ihn und seine Frau nach Erzerum bringen sollte; doch als sie an dem Sammelplatz ankamen, etwa 10 Minuten von der Stadt entfernt, wurde ihnen von den Gendarmen befohlen, den Wagen zu verlassen, der nach der Stadt zurückgeschickt wurde. Die ganze muhammedanische Bevölkerung wußte von Anfang an, daß diese Leute ihnen zur Beute fallen würden, und sie wurden behandelt wie Verbrecher. In Trapezunt wurde, vom 25. Juni, dem Datum der Proklamation, an, keinem Armenier gestattet, etwas zu verkaufen, und bei Strafe wurde jedem verboten, etwas von ihnen zu kaufen. Wie sollten sie da die Mittel für die Reise beschaffen? 6 oder 8 Monate lang war in Trapezunt keinerlei Geschäft betrieben worden, und die Menschen hatten ihr Kapital verzehrt. Warum hat man sie verhindern wollen, Teppiche

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/64&oldid=- (Version vom 31.7.2018)