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bei den Armeniern entdeckt worden seien, und daß die Daschnakzagan das Pulvermagazin hätten in die Luft sprengen wollen. Beweise brauchte die Regierung der leichtgläubigen muhammedanischen Bevölkerung nicht zu erbringen, erreichte aber damit die beabsichtigte Aufreizung der Muhammedaner gegen die Christen.

Nachdem alle Intellektuellen verhaftet waren, erging der Befehl der allgemeinen Deportation. Die den Armeniern drohende Gefahr wurde von den Beamten unter dem Vorgehen, daß sie es in der Hand hätten, die Deportation zu verhindern, zu großen Erpressungen ausgebeutet. Die Armenier von Tokat gaben ihrem Mutessarif 1600 türkische Pfund (ca. 30 000 Mark), um von der Deportation verschont zu bleiben.

Mersiwan.

In Mersiwan waren bereits, wie überall seit dem Beginn des Krieges, die Militärpflichtigen einberufen. Bis auf eine Anzahl von wohlhabenden Armeniern, die die gesetzliche Militärbefreiungssteuer bezahlt hatten, wurde alles, was diensttauglich war, von der Regierung herangezogen. Für die Frauen und Kinder, die ohne Mittel für den Lebensunterhalt zurückblieben, war es eine schwierige Lage. In vielen Fällen wurde das letzte Geld ausgegeben, um den ausziehenden Soldaten auszustatten. Da die Bevölkerung der Stadt zur Hälfte armenisch war, blieb eine beträchtliche Anzahl von nichtmilitärpflichtigen Armeniern in der Stadt zurück. Die Bevölkerung zählte vor der Deportation etwa 22 000, von denen gegen 12 000 Armenier waren. Der Bericht eines amerikanischen Missionars vom Kollege in Mersiwan lautet:

„Die Maßregeln der Regierung gegen die armenische Bevölkerung, für die kein Anlaß vorlag, begannen Anfang Mai damit, daß mitten in der Nacht etwa 20 von den

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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/91&oldid=- (Version vom 31.7.2018)