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gebildete Mensch sollte an Zweideutigkeiten kein Vergnügen haben.

Geschichten und Anekdoten zu erzählen ist in den meisten Fällen eine mißliche Sache. Der eine aus der Gesellschaft kennt sie doch immer schon, der andre versteht sie nicht, der dritte findet sie nicht witzig, der vierte fühlt sich durch irgend eine Anspielung, an die man gar nicht gedacht hat, beleidigt, und der Ruhm, den man bestenfalls davon trägt, ist nicht weit her. Besonders muß man sich hüten, in den Ruf eines „Anekdoten-Revolvers“ zu kommen, d. h. eines, der stets die andern mit seinen Geschichten langweilt, mögen sie nun passend sein oder nicht. In dasselbe Kapitel gehört auch die Produktion aller möglichen sonstigen geselligen Scherze, wie Nachahmen von Tierstimmen, Kopieren berühmter Persönlichkeiten oder beliebter Schauspieler, Verrenken oder Verbiegen der Finger, Gesichterschneiden, mit den Ohren wackeln u. s. w. Am rechten Platz und zur rechten Zeit und seltener angebracht, werden diese Künste gewiß nicht verfehlen, die größte Heiterkeit hervorzurufen; in einer Gesellschaft aber, die nicht das Verständnis für dergleichen witzige Vorführungen hat, wird oft genug eine Verlegenheit eintreten, die geradezu

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Alban von Hahn: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. Otto Spamer, Leipzig [1896], Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Verkehr_in_der_Guten_Gesellschaft.pdf/211&oldid=- (Version vom 31.7.2018)