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Konventionelle Lügen.

Wenn sich auch unser ganzer geselliger Verkehr von dem leichtsinnigen und doch geschraubten, geschminkten und unwahren Wesen der, wie man sie wohl bezeichnet hat, klassischen Zeit des Gesellschaftslebens im vorigen Jahrhundert und dem Zopf, der bis vor verhältnismäßig kurzer Zeit noch bei uns herrschte, endlich losgemacht hat, so daß Offenheit, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit zu den ersten Pflichten desjenigen gehören, der in der Gesellschaft einen Platz einnehmen will, so verlangt doch der gute Ton oder hier vielmehr die hergebrachte Sitte, daß man in gewissen Fällen, vor allem, wo sie verletzend wirken könnte, dem andern doch nicht die reine Wahrheit ins Gesicht sagt, sondern daß man ihr durch irgend welche Ausrede oder konventionelle Lüge ein Mäntelchen umhängt. Meistens sind es ja nur Redensarten, bei denen sich keiner etwas denkt, und die mit dem Namen

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Alban von Hahn: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. Otto Spamer, Leipzig [1896], Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Verkehr_in_der_Guten_Gesellschaft.pdf/232&oldid=- (Version vom 31.7.2018)