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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

heimgebracht. Diese beiden Bischöfe übergab der Erzbischof Gisiler, der zufällig nach Hildesheim kam, der Erde. Darauf wurde Bernward, des Königs Lehrer, gewählt und geweiht.


8. Otto III. suchte die Slaven mit wiederholten Angriffen unaufhörlich heim. Auch die im Ostlande[1] besiegte er, als sie einen Aufstand versuchten. Die im Westlande, die auch wiederholt die Waffen ergriffen und plünderten und raubten, war er gleichfalls mit List und Gewalt zu überwinden bemüht.

Otto’s Knabenjahre zu schildern, ist hier nicht der Ort, und zu weit würde es führen, wollte ich ausführlich darstellen, was er alles, von verständigen Rathgebern geleitet, in seiner Jugend gethan hat.

Im Jahre 989 erschien ein Komet, welcher Seuchen und 989. schwere Verluste vorher verkündigte[2].

Der Kaiser, da ein Mann ward, „that er, wie der Apostel (1. Kor. 13, 11) sagt, ab, was kindisch war,“ und da er beständig die Zerstörung der Kirche Merseburgs beweinte, so sann er in sorglicher Ueberlegung darauf, wie dieselbe wieder herzustellen sein möchte, und dieses Ziel war er auch auf Antrieb seiner frommen Mutter sein Lebelang zu erreichen bedacht. Diese hatte nämlich folgendes Traumgesicht, wie mir Meinsvith nachher erzählte, die es von ihr selbst gehört hatte. Ihr erschien in der Stille der Mitternacht der heilige Streiter Christi, St. Laurentius, am rechten Arme verstümmelt, und sprach: „Warum fragst du nicht, wer ich bin ?“ worauf sie antwortete: „Ich wage es nicht, o Herr!“ Er aber fuhr fort und sagte: „Ich bin“ – und nun nannte er ihr seinen Namen. „Was du jetzt an mir siehst, das hat dein Eheherr [Otto II.] mir angethan, indem er dazu verführt war von dem, durch dessen [des Bischofs Gisiler] Schuld eine große Menge von Christi Auserwählten in Zwietracht sind.“ Darnach überließ sie es der Gewissenhaftigkeit ihres Sohns, wann er (ob noch zu Gisilers Lebzeiten, oder nach dessen Tode) das

  1. Die in Ostsachsen wohnenden Slaven.
  2. Vgl. Quedlinburger Annalen 989.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/117&oldid=- (Version vom 25.9.2023)