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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Bisthum zu Merseburg wieder herstellen und so seines Vaters Seele am jüngsten Tage zur ewigen Ruhe verklären wollte. Theophano war, obgleich nicht frei von der Schwäche ihres Geschlechts, doch voll bescheidener Festigkeit, und führte, was in Griechenland selten ist, einen vortrefflichen Lebenswandel. Sie wahrte, indem sie mit wahrhaft männlicher Kraft über ihren Sohn wachte, das Reich, die Frommen in jeder Weise begünstigend, die Hoffärtigen aber schreckend und demüthigend. Von ihres Leibes Frucht aber brachte sie als Zehnten ihre Töchter Gott dar, die erste, Aethelheid, zu Quidilingaburg, die zweite, Sophia, zu Gonnesheim[1].


990. 9. Damals geriethen die Herzoge Miseco und Bolizlav mit einander in Fehde, und fügten sich vielen Schaden zu. Bolizlav rief die Liuticier, die seinen Eltern und ihm immer treu gewesen waren, zu Hülfe, Wiseco aber bat die Kaiserin Theophano um Unterstützung. Diese, die sich damals in Magadaburg aufhielt, sandte den dortigen Erzbischof Gisiler sammt den Grafen Ekkihard, Esico [von Merseburg], Binizo, so wie meinen Vater und seinen Namensvetter Sigifrid [Graf von Stade], Bruno und Udo und viele andre Ritter dorthin. Diese brachen mit beinah vier Fähnlein auf, und kamen in einen Gau, Selpuli[2] genannt, und lagerten an einem Wasser, über welches eine lange Brücke führte. Und siehe! da kam in der Stille der Nacht einer von den Gefährten des Willo, der den Tag vorher, um sein Landgut zu besichtigen, vor dem Heere vorauf gereist und von den Böhmen gefangen genommen war, zu den Unsrigen, nachdem er der Haft entronnen war, und zeigte zuerst dem Grafen Binizo die drohende Gefahr an. Auf seine Aufforderung standen dann die Unseren schnell auf, kleideten sich an, und hörten mit Anbruch der Morgenröthe die heilige Messe, einige stehend, andere zu Pferde; beim Aufgang der Sonne aber verließen sie in Spannung über den Ausgang des bevorstehenden Kampfes das Lager. Da rückte Bolizlavs

  1. Gandersheim im Braunschweigischen.
  2. S. B. II. K. 9.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/118&oldid=- (Version vom 25.9.2023)