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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


Nach vielen Kriegsmühen, die er mit seinem Vater Günther erduldete, welcher lange seiner Würden beraubt war, kehrte er endlich, indem er Kaiser Otto’s II. Huld wieder erlangte, mit Ehren wieder heim, und heirathete darauf Suonehilde, die Wittwe des Grafen Thietmar und Schwester Herzog Bernhards, welche ihm als erstes Kind eine Tochter, Namens Liutgerd, gebar.

Liuthar aber, einem berühmten Geschlechte Nordthüringens entsprossen, ein ausgezeichnet verständiger Mann, sehr beliebt bei Kaiser Otto II, ehelichte auf dessen Rath eine Edle aus dem Westen des Landes, Namens Godila, mit Einwilligung ihres Vetters, des Bischofs Wigfried von Verdun. Diese gebar ihm in ihrem dreizehnten Lebensjahre als Erstgeburt einen Sohn, den sie nach ihrem Vater Wirinhar nannte.

Da nun jene beiden Sprößlinge, ich meine den Knaben und das Mädchen, einem Stamme so edler Art entsprungen waren, so begannen auch in stufenweisem Fortschreiten auf der Bahn der Tugend die Früchte bereits sich der Reife zu nähern. Graf Liuthar aber dachte, sobald er die Schönheit und das sittige Wesen des Mädchens bemerkte, beständig in seinem Sinne darauf, wie er sie für seinen Sohn gewinnen möchte. Endlich konnte er nicht länger an sich halten und eröffnete durch treuer Freunde Vermittelung dem Markgrafen Ekkihard seine lange verborgen gehaltenen Wünsche, deren Erfüllung auch schnell erfolgte. Indem darauf die beiderseitigen Familienmitglieder zusammenkamen, gelobte Ekkihard dem Liuthar, seine Tochter dem Sohne Liuthars zur Gemahlin geben zu wollen, indem er dasselbe in Gegenwart aller als Zeugen anwesenden Großen, wie es Recht und Sitte war, bekräftigte. Und dennoch versuchte er hinterher, als er bei Otto III. sehr in Gunst war, und bei ihm unter allen Großen am meisten vermochte, ich weiß nicht durch welche Beweggründe verleitet, diesen auf das Bündigste geschlossenen Vertrag auf alle Weise wieder rückgängig zu machen. Davon bekam Liuthar sofort Kunde und war ängstlich bedacht, dies zu hintertreiben. Da der Kaiser sich damals mit Ekkihard in Italien aufhielt, so war die Sorge für das Reich

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/140&oldid=- (Version vom 24.9.2023)