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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1001 viel hielt, demselben einen heimlichen Hinterhalt, indem er ihn gefangen zu nehmen trachtete[1]. Und schon hatte jener seine Leute versammelt, schon brachen diese plötzlich hervor, da entrann der Kaiser mit wenigen seiner Begleiter, indem der größte Theil der Seinen in der Stadt eingeschlossen blieb. So vergalt die nie mit ihren Herrschern zufriedene Menge demselben alle seine unsägliche Liebe mit Bösem. Darauf bat und beschwor der Kaiser alle seine Freunde zu ihm zu kommen, und legte einem jeden an’s Herz, wenn er irgend etwas auf seine, des Kaisers, Ehre und Leben gäbe, so möchte er mit bewaffneter Macht herbeieilen, ihn zu schützen oder zu rächen. Da aber schämten sich die Römer im Gefühle der Schuld ihres nun offenbar gewordenen verbrecherischen Sinnes, und indem sie sich selbst unter einander über die Maßen anklagten, entließen sie alle Eingeschlossenen unangetastet, und flehten demüthigst um des Kaisers Huld und Gnade. Otto aber, der ihren lügnerischen Worten mißtraute, säumte nicht ihnen, wo er ihnen nur in ihren Personen oder Gütern beikommen konnte, Schaden zu thun. Alles Land, welches zum römischen und langobardischen Reiche gehörte, war ihm treu und unterthan, nur das von ihm vor allem geliebte und bevorzugte Rom nicht. Hocherfreut ward der Kaiser, als ihm eine sehr zahlreiche Schaar von Getreuen mit dem Erzbischof Heribert von Köln zueilte. Obwohl er indeß äußerlich immer heiter erschien, so ließ er doch, indem er in seinem Gewissen über gar manche Missethat erzitterte, nicht ab, in der Stille der Nacht durch eifriges Wachen und Beten und durch Ströme von Thränen Sühnung seiner Schuld zu suchen. Oft fastete er die ganze Woche, den Donnerstag ausgenommen. Almosen gab er sehr reichlich.

Seinem herannahenden Tode gingen manche Widerwärtigkeiten vorher. Denn unsre Herzoge und Grafen machten nicht ohne Mitwissen der Bischöfe viele Pläne gegen ihn, wozu sie bei Herzog

  1. Vgl. über den Aufstand W. Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit, Abschnitt 18, und die Lebensbeschreibung des heiligen Bernward, Kap. 23 – 27. Gregor war ein edler Römer.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/146&oldid=- (Version vom 25.9.2023)