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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


Gottes Gebot seinen Nächsten so treu liebte, von mir nicht vergessen werde. Er war der Oheim des Erzbischofs Gero von Magadaburg, und Wille und rüstige Geschicklichkeit vereinigten sich in ihm, Christi Joch, soweit es ein Mensch vermag, zu tragen. Denn oft habe ich von ihm, wenn er eben öffentlich gesungen oder geredet hatte, gehört, wie er eifrigst wünschte, dies gleich noch einmal thun zu dürfen. Nie war er seinen Vorgesetzten ungehorsam, sondern er hatte sie wie seine übrigen Mitbrüder zu steter Zuneigung an sich gefesselt. Als aber ein so achtenswerther Charakter dem Kaiser bekannt wurde, gewann er sogleich dessen Liebe, und ward von ihm in seine Nähe gezogen. Jedoch hinderte ihn ein frühzeitiger Tod daran, die gewünschte und vom Kaiser ihm angebotene Würde zu erlangen; er starb am 28. August. In Sachsen geboren, ruht er in Italien. Das erhabene Magadaburg beweint in ihm einen geistlichen Sohn.


51. Was für treffliche Männer habe ich doch unter den Vornehmen jener Stadt kennen gelernt, deren preiswürdigem Leben ich nicht meiner Pflicht gemäß nachgeahmt und deren Gedächtniß ich auch nach ihrer fleischlichen Auflösung nicht begangen habe. Ach ich Elender, der ich mit so vielen und so großen Männern in brüderlicher Vereinigung stehe, denen ich doch hinsichtlich eines würdigen Lebens sehr unähnlich bin! – Ich, der ich in meinem Sünden bereits beinahe schon des Todes bin, werde, so hoffe ich, vor Gottes leuchtendem Antlitze das Leben haben, weil ich durch das Verdienst meiner Brüder dem Tode entrissen werde; denn wenn ich auch hienieden wenig Gutes gethan habe, so gedenke ich doch beständig der Verstorbenen. Mein Wille ist bisweilen gut, aber weil ich mich nicht beeifere, ihn mit der nöthigen Kraft zu versehen, so nützt er allzu wenig. Ich klage mich zwar selbst an, aber ich zahle meine Buße nicht nach Gebühr, und darum bedarf ich in jeder Hinsicht der Besserung, weil ich mich nicht zu dem bekehre, der der vollkommenste Gegenstand alles Lobes ist. Jetzt erkenne in mir, o Leser, den vornehmen Herrn, und betrachte mich

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/166&oldid=- (Version vom 24.9.2023)