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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

Zeitabschnitt aber, in dem Gott unsere Kirche wieder in Gnaden angesehen und sie von ihrer Schmach zu befreien gewürdigt hat, und um die Frömmigkeit Herzog Heinrichs, des nach der Fügung des Höchsten zum König Erwählten, zu enthüllen, beginne ich jetzt mit freudigerem Sinne und in ausführlicher Darstellung zu reden. In Ansehung Heinrichs vernahm nach dem Tode Kaiser Otto’s III. ein ehrwürdiger Geistlicher durch göttliche Offenbarung folgende Worte: „Erinnerst du dich, Bruder, daß einst[1] das Volk sang:

Herzog Heinrich wollt’ regieren:
Unser Herrgott wollt’ es nicht?

Nun aber wird Herzog Heinrich dennoch nach Gottes Vorherbestimmung das Reich regieren.“ Ihn beförderten alle Verhältnisse, geistliche wie weltliche, vor allen seinen Zeitgenossen, mochten dieselben wollen oder nicht, zur Lenkung des Reiches. Zuerst nun will ich kurz berichten, welche Schwierigkeiten er in unserem Lande fand; dann aber werde ich die ungerechte Anmaßung derer im Westen schildern, denen Klugheit, List und Tapferkeit nichts half wider Gott den Allmächtigen.

1002 2. Herimann, Herzog von Alamannien und dem Elsaß, ein gottesfürchtiger und demüthiger Mann, ergriff, von Vielen, denen seine Milde gefiel, verführt, gegen Heinrich die Waffen. Theoderich aber, Herzog der Liutharier, klug und kriegserfahren, wartete ruhig ab, wohin der größere und angesehenere Theil der Nation sich neigen würde. Unterdeß reiste meines Vaters Bruder [der Markgraf Liuthar] dessen ich oben[2] gedacht habe, mit seinem Oheim Ricbert[3], den der Kaiser seiner Grafenwürde entsetzt und sie den Liudger, einem Lehnsmanne des Bischofs Arnulf [von Halberstadt], gegeben hatte, heimlich nach Bavanberg [Bamberg], und Ricbert erlangte die Gunst des Herzogs und bekam, obwohl

  1. Nämlich als nach Otto’s II. Tod Herzog Heinrich, der Vater dieses Herzogs, sich der Krone zu bemächtigen versuchte.
  2. Vgl. IV. 25.
  3. Graf im Hartingau, in der Umgegend von Halberstadt gelegen.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/170&oldid=- (Version vom 28.9.2023)