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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

er seinen Eide haltend den Liudger unangetastet ließ, doch mit Hülfe seines Neffen Heinrich Aussicht, sein Lehen zu behalten, ja dasselbe noch zu vergrößern.

Auf seinen Rath sandte der Herzog einen Ritter nach der Burg Werlu zu seinen Muhmen, den beiden Schwestern Sophie und Ethelheid, und zu allen Großen des Reichs, die damals daselbst zusammen gekommen waren. Dieser eröffnete allen Versammelten den Gegenstand seiner Sendung und versprach denen, die seinem Herrn zum Throne verhelfen würden, gar viele Belohnungen. Sofort tönte ihm von der ganzen anwesenden Menge der einstimmige Ausruf entgegen: „Heinrich werde mit Gottes Hülfe der Erbfolge gemäß das Reich regieren; sie ständen ihm zu Dienste in allem, was er wünsche.“ Und das bestätigten sie mit erhobener Rechten.


3. Ekkihard ertrug dies, weil er sammt den Seinen nicht anwesend war, als dies geschah, mit verstellter Geduld, denn, wie die Schrift bezeugt, Manches, was von Vielen gesündigt wird, bleibt ungerächt[1]. Als es aber Abend ward, und man den ebengenannten Herren in einem großen Hause mit Teppichen geschmückte Sitze und eine mit mancherlei Speisen reich besetzte Tafel hingestellt hatte, kam Ekkihard herbei und nahm sie für sich in Beschlag, und speiste daselbst mit Bischof Arnulf und Herzog Bernhard. Denn wenn einer zu Grunde gehen soll, wird sein Herz zuvor stolz, und ehe man zu Ehren kommt, muß man zuvor leiden[2]. Dies vermehrte zunächst die Betrübniß der beiden Schwestern, dann aber setzte es die übrigen Anwesenden sehr in Erbitterung, und wieder entbrannte gegen Ekkihard der lange verborgene Haß, der jetzt leider schnell zum Ziele kommen sollte. Denn als der Margraf sah, wie dort alles anders sich entwickelte, als er je gehofft hatte, hielt er es für’s beste, sich gen Westen zu begeben, und sich mit dem Herzog Heriman und den übrigen dortigen

  1. Ein sehr allgemeines, in der heiligen Schrift nicht wörtlich aufzuweisendes Citat.
  2. Sprüche Salomonis 18, 12.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/171&oldid=- (Version vom 28.9.2023)