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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1002 erfüllen zu wollen. Als nun aber der Sohn von dem unvermutheten Tode seines Vaters Kunde bekam, eilte er mit der Mutter der Leiche sofort entgegen, empfing des Vaters sterbliche Ueberreste mit außerordentlicher Trauer, und ließ sie in einer Burg Namens Geni[1] bestatten. Nachdem aber der dreißigste Tag[2] vorüber war, reiste Frau Suonehilde mit ihren Söhnen nach Misni [Meißen].


6. Indeß jubelte Bolizlav, der Sohn Miseco’s, seinem Vater sehr unähnlich, über Ekkihards Tod, und bald sammelte er ein Heer und besetzte die ganze Mark des Grafen Gero, die diesseits der Elbe liegt; dann aber bemächtigte er sich, nachdem er eine Schaar zur Belagerung vorangeschickt hatte, der Stadt Budusin [Bautzen], sowie aller zu derselben gehörenden Besitzungen, und griff darnach sofort die Burg Striela[3] an, worauf er auch die Meißner heimlich zu bestechen suchte. Diese, die stets ihre Freude an Neuerungen hatten, stürmten, als sie eines Tages erfuhren, der größte Theil der Besatzung sei ausgezogen um Futter für die Pferde zu holen, da wo die Dienstmannen wohnten, die auf Slavisch Bethenici heißen[4], geführt von Guncelin von Cukesburg[5], in das nach Osten zu gelegene Thor [das Wasserthor], erschlugen zuerst einen Kriegsmann des Grafen Heriman, den Bececio, und eilten dann mit den Waffen in der Hand alle nach dem Gemache Herimans, nach dessen Fenstern sie mit großen Steinen warfen, indem sie schrieen, der Herr der Burg, Ozer, müsse ihnen zur Hinrichtung ausgeliefert werden. Sie aber redete

  1. Groß-Gena lag am Einfluße der Unstrut in die Saale.
  2. Bis zum dreißigsten Tage trat der Erbe nicht in Besitz des Erbgutes, das bis dahin also unangetastet blieb. Erst nach dem dreißigsten Tage theilte die Wittwe mit ihren Söhnen ab, mit deren Hülfe sie das Begräbniß besorgte, und die befugt waren, sich sogleich nach dem Absterben ihres Vaters im Sterbehause einzufinden, um ihre Rechte zu wahren. S. Sachsenspiegel 1, 22, §. 1.
  3. Strehla, nördlich von Meißen, auf der linken Seite der Elbe.
  4. d. h. Kriegsleute; es werden also Slaven gewesen sein.
  5. Liegt in der Nähe von Lucklum im Braunschweigischen; da Guncelin nach IV, 82 das königliche Gut Frosa erhalten hatte, so ist es nicht unmöglich, daß er aus dieser Gegend stammte. Andere Deutungen dieser vielbesprochenen Stelle in den Jahrbüchern des Deutschen Reichs unter Heinrich II, Bd. 1. S. 206.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/175&oldid=- (Version vom 28.9.2023)