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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1002 vom Kaiser mit Geißelhieben bestraft worden, und habe darum dem Margrafen die erwähnte Rache von jeher zugedacht. Andere vermuthen, sie hätten die That unternommen wegen der oben geschilderten Beschimpfung, welche Ekkihard in Werlu den beiden Schwestern angethan habe, denen sie dann gern sich dienstfertig bewiesen, oder auch wegen der Drohungen, die der Markgraf gegen sie bei jenem Mahle ausgestoßen hätte. Ich aber weiß nur soviel, daß Markgraf Ekkihard von Meißen eine Zierde des Reichs, eine Stütze des Vaterlandes, eine Hoffnung derer, die ihm anvertraut waren, ein Schrecken seiner Feinde und überhaupt ein vollendeter Mann gewesen wäre, hätte er nur in der Demuth verharren wollen. Wie beifallswürdig war nicht sein Betragen gegen seinen Lehnsherrn, den Kaiser, da er von demselben den größten Theil seines Lehens zum Eigenthum erhielt! Die Milzienter[1] beraubte er ihrer altangebornen Freiheit, und zwang sie unter das Joch der Knechtschaft. Den Böhmenherzog Bolizlav, der den Beinamen des Rothen führt, gewann er zum Vasallen, und den andern Bolizlav [den von Polen], zu seinem vertrauten Freunde: das bewirkte er theils durch Güte, theils durch Drohungen. Ueber ganz Thüringen erlangte er durch gemeinsame Wahl des Volkes die Herzogsgewalt. Auf die Grafen im Osten aber konnte er mit wenig Ausnahmen rechnen, und so hoffte er auf die Königskrone. Alle diese Umstände aber führten ihn zu einem so kläglichen Ende. Die Kunde von demselben verbreitete sich alsbald weithin, rief Frau Suonehilde [seine Gemahlin] herbei, und trübte den Frohsinn seines Sohnes Heriman. Dieser nämlich hatte auf Befehl seines Vaters den Grafen Willehelm, einen in jeder Beziehung ausgezeichneten Greis, um den Tod des von dem Sohne desselben erschlagenen Widikind und Heriman zu rächen, mit einer starken Schaar in Wimeri [Weimar] belagert, und den alten hochverdienten Krieger zu der eidlichen Verpflichtung gezwungen, vor dem Markgrafen erscheinen und was jener von ihm verlangen würde

  1. Die Bewohner des Gaues Milzieni, östlich von Meißen.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/174&oldid=- (Version vom 28.9.2023)