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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

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Wieder erschallen die Stimmen und wiederum tönen die Lieder,
Dich, o Christus, zu preisen für deine unendlichen Gaben.
Thränen der Freude entströmen dem Aug’ der versammelten Frommen.
Freude ergreife auch dich, du stattliches Merseburg, theile
Alle Gefühle des Glückes der Menge, und singe begeistert
Hymmen des Preises dem Herrn und fei’re so heilige Stunden.

Ja, fei’re, sage ich, mit Ehrfurcht diese so heiligen Stunden, diesen erhabenen Tag, an dem er für dich auserkoren ward, er, der seitdem unablässig darauf sinnt, dich, die Verstoßene, zu erheben und dich in deine frühere Lage zurückzubringen. Gelobt sei Gott, der die, welche ihn ehren und von Herzen lieben, erhöhet zum Schrecken und zur Schande derer, die ihn schmähen. Gekommen ist das Ende deiner Trauer, weil ein heilbringender Südwind dir wohlthätig laue Lüfte zugeweht hat. Nicht lange mehr bleibst du in der Knechtschaft, sondern frei zu herrschen wirst du erneut werden, o Zion! – Doch wir wollen weiter gehen.


10. Alle, die dem vorigen Kaiser gehorcht hatten, huldigten auch dem neuen Könige und versprachen ihm eidlich ihre Hülfe, nur Liudger[1] hielt sich zurück.

Herzog Bolizlav von Polen aber bemühte sich sehr, die Stadt Meißen, wenn auch um eine außerordentliche Summe Geldes, zu erwerben; weil dies jedoch dem Reiche nicht frommte, so konnte er es beim Könige nicht durchsetzen, sondern er erlangte es nur mit Mühe, daß die Stadt seinem Stiefbruder Guncelin verliehen wurde, während er die Landschaften Liudizi [Lausitz] und Miltizieni [Milzen] dem Könige zurückgab. Diesen Herzog Bolizlav hielt mein Neffe, Graf Heinrich[2], sehr hoch, und diente ihm als Freund bereitwilligst auf mannigfache Weise. Als Heinrich

  1. S. oben Kap. 2. Er wird also die ihm früher übertragene Grafschaft Ricberts wieder verloren haben.
  2. Der oben Kap. 8 erwähnte Markgraf der bairischen Mark auf dem Nordgau, gewöhnlich von Schweinfurt genannt.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/182&oldid=- (Version vom 28.9.2023)