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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1002 wo St. Veit, der kindliche Märtyrer, ruht, kam ihm seine erhabene Gemahlin Cunegunde entgegen. Beide wurden dann daselbst von dem ehrwürdigen Abte Thietmar mit allen Ehren aufgenommen, und nachdem ihre Anwesenheit dort in geistlicher wie in weltlicher Weise gefeiert war[1],] brachen sie frohen Sinnes nach Patherbrunnon [Paderborn] auf. Am nächsten Tage aber, welcher der Welt durch des heiligen Laurentius Märtyrertod ein feierlich denkwürdiger ward [10. August], wurde die Kaiserin, Frau Cunegunde, vom Erzbischof Willigis eingesegnet und gekrönt, und des Kaisers Schwester, Sophia, die Heinrich zur Aebtissin bestimmt hatte, empfing von demselben in Demuth die Weihe. Darauf erhob sich eine allgemeine Freude, die aber – o der Schande! – durch die unersättliche Habsucht der Baiern gar sehr getrübt ward. Denn diese, die daheim sich stets mit wenigem begnügen, außer Landes aber beinahe unersättlich sind, verheerten die Saaten ihrer Nachbaren und erschlugen dieselben als sie ihr Eigenthum vertheidigten. So entstand ein sehr heftiger Kampf. Die Haustruppen des Königs rückten aus und Einheimische wie Fremde zogen vor und hinter ihnen her. Ein heftiger Zusammenstoß der Kämpfenden erfolgte, und völlig besiegt floh die Schaar der Baiern in die königliche Hofburg. Hier fiel Heinrich, ein Bruder des Kanzlers Eilbert, der den König beständig bei Tische bediente, von einem Speere durchbohrt zu Boden. Darum versammelten sich sofort die Sachsen, die bis dahin fern geblieben waren, und setzten den Baiern wieder nach, und wäre nicht Herzog Bernhard mit stärkerer Mannschaft dazwischen gekommen, so wäre auf beiden Seiten eine unberechenbare Zahl von Kriegern gefallen. Nachher wurden alle Anstifter einer so großen Gewaltthat, die man auffinden konnte, gezüchtigt. Die Bekümmerniß des Bischofs aber über dieses Ereigniß

  1. Hier fehlt in der Originalhandschrift eine Lage, und diese aus einer jüngeren Handschrift aufgenommene Ergänzung muß hier eine Interpolation enthalten, denn der Abt Thietmar war schon am 12. März 1001 gestorben, und Adalbold, welcher sich Thietmar genau anschließt, berichtet, daß Heinrich seine Gemahlin zu Gruona antraf.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/184&oldid=- (Version vom 28.9.2023)