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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1004 nach einstimmiger Wahl erhöht und auf den königlichen Thron gefegt wurde.


6. Am selbigen Tage aber ward offenbar, wie unbeständig der veränderliche Lauf dieser Welt stets dem Untergange zueilt. Denn mitten unter all den Freuden begann plötzlich des Friedens Feindin, die Zwietracht, zu wüthen, und der im Uebermaß genossene Wein führte um einer geringen Veranlassung willen zum Bruch der Treue und des Eides. Die Bürger rüsteten sich gegen ihren neuerwählten König und eilten nach dessen Palast hin, und zwar besonders die, denen Heinrichs Gerechtigkeitsliebe mißfiel und Hardwigs schlaffe Nachsicht behagte. Als der König das Getöse vernahm, befahl er eiligst nachzusehen, was es sei, und bekam sofort zur Antwort: der gemeine Mann habe, von plötzlicher Wuth ergriffen und erfüllt von beschränkten Vorurtheilen, diesen Aufstand zuerst begonnen, und so sei denn auch die ganze übrige Bevölkerung zu eigenem Schimpf und Schaden dazu gekommen. Wie sie nun bereits heranstürmten, versuchte Heribert, der treffliche Erzbischof von Köln, sie zu besänftigen, indem er vom Fenster aus nach der Ursache eines solchen Auflaufes fragte; allein er wurde durch einen Hagel von Steinen und Pfeilen zurückgetrieben. Der von den Feinden hart angegriffene Palast aber ward von den leicht zu zählenden Hausleuten des Königs mannhaft vertheidigt. Denn während die Unseren an verschiedene nothwendige Punkte vertheilt waren, nahm die Gewalt der Feinde immer zu, bis die Unseren, das ungeheure Getöse von fern vernehmend, allesammt zum Könige eilten; sie trieben nun zwar die noch wüthend andringenden Feinde etwas zurück, wurden aber doch, da die Nacht herein brach, durch Pfeilschüsse und Steinwürfe aufgehalten. Um sich dagegen zu schützen, steckten sie darauf die Gebäude der Stadt in Brand. Diejenigen von den Unseren aber, die vor der Stadt lagen, erstiegen tapfer kämpfend die Bollwerke derselben, durch welche jene größeren Widerstand leisteten. In diesem Kampfe ward der treffliche Jüngling Gisilbert, der Bruder der Königin, von den

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/212&oldid=- (Version vom 26.2.2023)