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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1007 König ein allgemeines Concil zu Fronkenevordi [Frankfurt] an, welches alle Bischöfe diesseits der Alpen besuchten. Die Veranlassung zu demselben aber, mein Leser, war folgende: Der König hatte eine ihm gehörige Stadt in Ostfranken, Bavanberg [Bamberg] mit Namen, von Kindheit an besonders geliebt und gehoben, und schenkte, als er heirathete, dieselbe seiner Gemahlin zur Morgengabe. Als er aber durch die Gnade Gottes zum Throne gelangt war, hegte er beständig im Stillen den Wunsch, dort ein Bisthum zu gründen. Weil aber, wie Flaccus [Horaz] bezeugt[1],

Schon die Hälfte der That überwand, wer begann;

so fing er damit an, daselbst den Bau einer neuen Kirche mit zwei Krypten anzuordnen, die er denn auch vollendete. Indem er nun alles, was zum Gottesdienst gehörte, allmählich zusammenbrachte, bat er den Bischof Heinrich von Würzburg, der ihm sehr nahe stand, zu wiederholten Malen, er möchte doch auf seinen Herzenswunsch eingehen und ihm gestatten, den Sprengel, der in dem nach dem Flusse Radinzca [Rednitz] benannten Gaue belegen war, durch Tausch sich anzueignen. Der Bischof aber nahm die Bitten seines geliebten Herrn bereitwillig auf und willigte unter der Bedingung ein, daß Heinrich seiner Kirche das erzbischöfliche Pallium gewähren und ihm dann den Bischof von Bamberg unterordnen würde, und das bekräftigte er insgeheim dadurch, daß er dem Könige seinen Krummstab übergab, und dagegen für den erwähnten Tausch eine Besitzung von jenem erhielt. Als er aber späterhin erfuhr, daß er die Würde eines Erzbischofs auf keinen Fall erlangen würde, weigerte er sich, das Versprochene zu gewähren, und wollte auch nicht der Einladung zu dem erwähnten Concile Folge leisten. Wie nun also auf dem Concile die Erzbischöfe mit ihren sämmtlichen Suffraganen der Reihe nach dasaßen, da warf sich der König zur Erde nieder und sprach, nachdem ihn der Erzbischof Willigis von Mainz, in dessen Sprengel die Versammlung abgehalten wurde[2], aufgehoben hatte, folgendes:

  1. S. Horaz, Episteln I. 2, 40.
  2. Frankfurt gehörte zum Erzbisthum Mainz
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/232&oldid=- (Version vom 30.9.2023)