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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1007 niemals es gut geheißen, daß in irgend einer Hinsicht der ihn von Gott anvertrauten Kirche Abbruch geschehen sollte, und beschwor alle Anwesenden um der Liebe Christi willen, sie möchten in Abwesenheit des Bischofs nicht einen solchen Beschluß fassen lassen, der ihnen ja selbst in Zukunft als ein maßgebender Vorgang vorgehalten werden könne. Darauf wurden die Privilegien des Bischofs laut verlesen. So oft nun während dieser Berhandlungen der König die Richter besorgt und bedenklich schwanken sah, so oft warf er sich allemal zur Erde nieder und demüthigte sich. Als aber schließlich der Erzbischof Willigis von Mainz an das Gericht die Frage stellte, was zu thun sei, antwortete Tagino, die Sache könne dem Antrage des Königs gemäß gesetzlich vollzogen werden. Als darauf alle Anwesenden den Ausspruch desselben bestätigten und unterschrieben, ward Everhard, der damals Kanzler war, vom Könige das bischöfliche Amt übertragen und er von dem ebengenannten Erzbischofe noch am selben Tage confecrirt. Darnach aber erhielt auch Bischof Heinrich auf Verwendung seines Mitbruders Heribert (Erzbischofes von Köln), wieder des Königs Gnade und eine ihm zufriedenstellende Entschädigung.


24. Weil aber selten ein reiner Sonnenhimmel strahlt, auf den nicht die Dunkelheit einer finsterbedeckten Wolke folgte, so kamen zum Könige, wie er zu Regensburg Ostern feierte[1], Boten von den Liutizen und von einer großen Burg Namens Liuilni[2] und vom Herzoge Jarimir, welche meldeten, Bolizlav gehe mit vielen gefährlichen Plänen um, und suche sie mit Geld und Worten zur Beihülfe zu verführen. Sie erklärten auch, wenn Heinrich ihn länger in Ruhe und im Genusse seiner Gnade lasse, so sei es nicht sicher, daß er sich ferner auf ihre Unterthänigkeit werde verlassen

  1. Am 6. April. Thietmar greift hier auf die frühere Zeit zurück, denn die Frankfurter Synode kam am 1. November zusammen.
  2. Die Lage der Burg ist nicht genau zu bestimmen; der lateinische Text an dieser Stelle scheint corrumpirt zu sein, der Name ist unbekannt. Wahrscheinlich ist es die Kap. 39 erwähnte, nördlich von Lebusa gelegene Burg. An große „Städte“ ist in diesen Gegenden damals nicht zu denken; es sind ausgedehnte Burgwälle, welche im Kriegsfalle der benachbarten Bevölkerung als Zufluchtstätten dienen.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/234&oldid=- (Version vom 30.9.2023)