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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

dürfen. Der König nun erwog dies vorsichtig mit seinen Großen, 1007 vernahm die verschiedenen Aussprüche derselben und pflichtete ihrer ungünstigen Stimmung dahin bei, daß er Bolizlav’s Schwiegersohn, den Markgrafen Heriman,[1] an denselben abschickte und den geschlossenen Friedensbund aufkündigte. Bolizlav, der diese Botschaft von Zwischenträgern bereits erfahren hatte, empfing den Grafen, den er doch früher selbst zu sich eingeladen hatte, keineswegs gut, und brachte, als er dessen Vortrag angehört, eine weitläufige Rechtfertigung vor, indem er schließlich erklärte: „Christus, der Zeuge Aller, weiß es, wie ungern ich alles thue, was ich nun zu thun gezwungen sein werde.“ Darnach versammelte er sein Heer und verwüstete den Gau Morezini[2] bei Magadaburg, und brach durch kriegerische Feindseligkeiten die Brüderschaft, die er in Christo mit den Magdeburgern geschlossen hatte. Von da kam er nach einer Burg, die Zirwisti [Zerbst] heißt, und zog die Männer derselben theils durch großen Schrecken, theils durch schmeichelnde Vorstellungen mit sich fort. Die Unseren, die das alles erfuhren, kamen zaudernd heran und setzten ihnen sehr langsam nach. Sie wurden geführt vom Erzbischof Tagino, der, obwohl er die erwähnten Umstände alle kannte, doch nicht die gehörigen Vorkehrungen traf. Ich war auf diesem Zuge bei ihm, und als wir alle an einen Ort, Namens Jutriboc[3] kamen, hielten die Einsichtsvollen dafür, es sei nicht rathsam, die Feinde mit so geringer Mannschaft zu verfolgen, und so kehrten wir heim. Bolizlav aber besetzte aufs neue die Gauen Luzizi [Lausitz], Zora [Sorau] und Selpuli[4], und nicht lange nachher belagerte auch der feindselige Schwiegervater die Burg Budusin, welche Markgraf Heriman mit einer Besatzung versehen hatte. Hierher sandte Bolizlav Unterhändler und ließ die in der Burg auffordern, sie möchten, ohne sich und ihm weitere Mühe zu machen, sich ihm ergeben; auf Ersatz von Seiten ihres Herrn könnten sie nicht rechnen. Es wurde

  1. Sohn des Margrafen Ekkihard von Meißen, den man in dieser Zeit als Markgraf der Oberlausitz bezeichnen kann.
  2. Der Gau Morezini ober Morazeni lag zwischen der Elbe und der Havel.
  3. Jutriboc lag in der Landschaft Plone, westlich von der Lausitz; jetzt Jüterbock.
  4. Dies sind die drei Landschaften der Lausitz.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/235&oldid=- (Version vom 30.9.2023)