Zum Inhalt springen

Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/296

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1014 jene ihr einmal folgen werde; sie beweinte die Hingeschiedene in untröstlichem Schmerze, und folgte ihr auch selbst am nächsten vierten Juli nach. Von dem preiswürdigen Leben derselben gehe ich einiges in kurzem durch. Sie war die erlauchte Muhme der Königin Mathilde. Mit dem dreizehnten Jahre hatte sie den Markgrafen Sigifrid, einen Sohn Gero’s; geheirathet, mit dem sie nur sieben Jahre verbunden war. Nach seinem Tode empfing sie aus Liebe zu Gott und um ihres armen Ehegemahls Seelenheil zu fördern, vom Bischofe Bernhard [von Halberstadt] den Schleier, und bald nachher ward sie, wie erwähnt, von demselben zur Aebtissin geweiht. Als solche wirkte sie fünf und fünfzig Jahre lang unermüdlich, wie Hanna [Lucä II, 37], mildthätig wie die Wittwe von Sarepta [1. Kön. 17, 9–16], an Keuschheit und Enthaltsamkeit der Judith vergleichbar, die ihr anvertraute Kirche verschiedentlich schmückend. Ihren Heimgang deuteten folgende Zeichen an. Der Teich, der an der Ostseite der Stadt liegt, sah bis zum Mittage hin aus wie Blut, und verwandelte sich dann in Grün. Vielen schien es nun so, als ob nur um ihres Verdienstes willen meine Muhme ihr mit der Palme der Jungfrauschaft habe voraufgehen dürfen. Bestattet aber ward die treffliche Braut Christi vom Bischofe Bernhard von Aldenburg, nicht, wo sie es wünschte, sondern wo ihre trauernden Mitschwestern es sich erbaten, mitten in der Kirche, am Altare des heiligen Kreuzes, und an dieser Stelle gab Gott der Allmächtige späterhin um ihres Verdienstes willen einem Manne, der lange auf Krücken gegangen war, einen leichten Gang wieder.


5. Der Kaiser aber feierte nach Uebersteigung der Alpen und nachdem er die anliegenden Länder als Herrscher besichtigt Dec. 25. hatte, das Weihnachtsfest zu Palithi [Pölde]. Darauf kam er nach Merseburg und legte seinen Getreuen vor, wie es mit Bolizlavs Treue und Hülfe beschaffen war, und forderte sie auf, ihn einmüthig zur Vertheidigung oder Abbuße vorzuladen.

Während deß kam mein Vetter, Markgraf Wirinhari, gereizt

Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/296&oldid=- (Version vom 5.10.2023)