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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

1016 die Stadt Luna,[1] deren Bischof entflohen war; dann hausten sie gewaltig und ungefährdet in diesem Lande und mißbrauchten die Frauen der Einwohner. Als das Gericht dies dem apostolischen Herrn, Benedict [VIII] hinterbrachte, versammelte er alle Lenker und Vertheidiger der heiligen Mutter Kirche, und bat und befahl, daß sie mit ihm die solches Frevels sich erfrechenden Feinde Christi mannhaft angreifen und mit Gottes Hülfe vernichten möchten. Außerdem[WS 1] sandte er in der Stille eine außerordentliche Menge Schiffe voraus, um ihnen die Heimkehr abzuschneiden. Als das der Sarazenenkönig erfuhr, ergrimmte er zuerst, entfloh aber dann, von Wenigen begleitet, auf einem kleinen Fahrzeuge der drohenden Gefahr. Die Seinen aber versammelten sich alle und griffen ihre herankommenden Feinde zuerst an, schlugen sie bald und würgten, es ist kläglich zu beschreiben, drei Tage und drei Nächte unter ihnen. Endlich that Gott, durch das Klagegeschrei der Frommen versöhnt, ein Einsehen und trieb jene, die ihn haßten, in die Flucht und besiegte sie so vollständig, daß nicht ein Einziger von ihnen übrig blieb, und die Sieger die Menge der Erschlagenen und ihrer Rüstungen und Beutestücke nicht zu zählen vermochten. Dabei ward auch ihre Königin gefangen und wegen der Frevelthat ihres Gemahls enthauptet. Ihren goldenen, ringsum mit Edelsteinen ausgelegten Hauptschmuck eignete sich der Papst vor den Uebrigen zu, schickte jedoch nachher dem Kaiser seinen Antheil, der auf tausend Pfund [2] geschätzt wurde. Nachdem die ganze Beute vertheilt war, kehrte das siegreiche Heer frohen Sinnes heim und sang würdige Lieder zu Ehren Christi, des Triumphirenden. Der feindliche König aber sandte, voll gewaltigen Grimmes über den Tod seiner Gemahlin und seiner Kampfgefährten, dem Papste einen Sack voll Kastanien, und ließ durch den Ueberbringer desselben ankündigen, er werde im nächsten Sommer ihm eben so viele Krieger bringen. Als nun der Papst diese Botschaft vernommen hatte, ließ er denselben

  1. Luna, eine auch von den Normannen verwüstete Stadt, lag am Golf von Spezia, nordöstlich von Sarzana, wohin das Bisthum verlegt wurde.
  2. Pfund, d. h. Geldes; ein Pfund hatte zwanzig Solidi oder Schillinge.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Anßerdem
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/330&oldid=- (Version vom 7.10.2023)