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Seite:Die Chronik des Thietmar von Merseburg.pdf/353

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

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offenbart.“ Unser König nämlich, war er gleich ein Mensch, hatte doch eine eifrige Liebe zum Herrn und rächte mit starker, gewappneter Hand die gewaltsamen Beraubungen der heiligen Kirchen; und diese Tugend seines Geistes hatte er nicht anders als vom Himmel verliehen bekommen; jener dagegen, irdisch in Sinn und Handlungen, raffte mit räuberischer, schmutziger Gier alles an sich, was die Hand manches Andächtigen zur Sühnung der Sünden als Opfergaben auf den Altar der Apostel niedergelegt hatte. Da derselbe nun nicht lange darnach starb, so ist er, wie ich befürchte, von doppelter Strafe betroffen, und dem Herrn Papste größere Sicherheit und unserem Könige größere Gewalt eröffnet worden.

52. Jetzt will ich in meiner Darstellung weiter gehen und die ungerechte Handlungsweise des Russenkönigs Wlodemir rügen. Dieser führte eine Gemahlin aus Griechenland heim, Helena genannt, die vorher Otto III. verlobt, ihm aber durch trügerische Hinterlist entzogen worden war[1], und nahm auf ihre Ermahnung den heiligen Christenglauben an, den er aber nicht durch gerechte Werke zierte. Denn er war ein unmäßiger Wollüstling und blutdürstig, und that den weichlichen Griechen große Gewalt an. Er hatte drei Söhne, deren einem [Zentopulk] er die Tochter Herzog Bolizlav’s, unsers Verfolgers, zur Gemahlin gab. Als Begleiter derselben wurde von den Polen Reinbern, Bischof vom salzigen Cholberg[2] mitgesandt. Dieser, im Gau Hassegun geboren und von verständigen Lehrern in gehöriger Weise zum Gelehrten erzogen, erstieg die Stufe bischöflicher Würde und zwar, wie ich hoffe, ganz nach Verdienst. Wie viel er aber in dem ihm übertragenen Amte gearbeitet hat, zu schildern, dazu reicht weder meine Kunde, noch auch meine Beredsamkeit hin. Er zerstörte und verbrannte die Bilder der Götzen, er reinigte das von Dämonen bewohnte Meer, indem er vier mit dem heiligen Salböl benetzte Steine hineinwarf, und Weihwasser hineingoß; er zog an einem

  1. Sie hieß Anna, und diese Geschichte scheint unbegründet zu sein.
  2. Salsae Cholbergiensis. Es ist Kolberg in Pommern.
Empfohlene Zitierweise:
Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/353&oldid=- (Version vom 23.11.2023)