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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg


981. Kirchthüre, die am Kirchhofe liegt, stehen, und vernahm von ihm, indem er selbst sich vorkam, als wolle er, mit seinem Reisestabe versehen, gen Rom wandern, die Worte des Vorwurfs: „Mein Dodico, wie? jetzt willst du meine einstige Würde dem anderen geben?“ – Darauf antwortete er: „Mußt du nicht, theuerster Herr, berücksichtigen, daß in meiner traurigen Lage nicht mein Wille, sondern allein der Gehorsam mich leiten muß?“ – Da fuhr der Erzbischof fort: „Darauf verlasse dich, daß Ohtrich nie meinen Stuhl einnehmen wird!“ Die gesammte Geistlichkeit und Gemeinde aber sandte, nachdem die Wahl vollzogen war, Ekkihard, den Rothen mit Beinamen, mit einer Schaar anderer geistlicher Brüder und Ritter hin, um sie dem Kaiser anzuzeigen und ihn an sein Versprechen zu erinnern. Als diese nach Italien kamen, wo sich Otto II. damals aufhielt, vertrauten sie zuerst dem Bischof Gisiler [von Merseburg], der damals sehr viel beim Kaiser vermochte, das Geheimniß ihrer Sendung an, und baten ihn um seine Unterstützung. Gisiler nun gelobte, sich treulich für für sie verwenden zu wollen, aber bei der nächsten Gelegenheit erwies er sich selbst in jeder Beziehung das größte Wohlwollen[1]. Er brachte nämlich das Vernommene dem Kaiser heimlich bei, und bat, indem er sich demselben zu Füßen warf, nunmehr um das Erzbisthum als um den lange verheißenen und ersehnten Lohn für seine lange Arbeit und Anstrengung, und Gottes Fügung wollte, daß er es auf der Stelle erhielt. Wie er nun aus dem kaiserlichen Gemache herauskam, fragten ihn die Abgeordneten und besonders Ohtrich, der sich seiner Redlichkeit ganz anvertraut hatte, ob er in der ihm anheim gegebenen Angelegenheit etwas ausgerichtet habe? worauf er antwortete: er könne seinen Wünschen hierin kaum entsprechen. Darnach bestach er alle Großen und ins

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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/98&oldid=- (Version vom 6.8.2023)
  1. Der lateinische Ausdruck: completurque sibi cunctis proxima in omnibus benevolentia, ist von zweifelhafter Bedeutung. Da jedoch Thietmar oft nach mittelalterlicher Weise sibi für ei ober eis setzt, glaube ich, daß er sagen wollte: Gisiler erwies ihnen in allen Stücken sein Wohlwollen, welches allen nahe, d. h. für alle besorgt war. Es ist damit theils seine geschäftige Fürsorge bezeichnet, theils ironisch die Treulosigkeit angedeutet, zu welchem das folgende namque den Uebergang bildet.       W.