Seite:Die Edda (1876).djvu/233

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Anonym: Edda

Bei der südlichen Sonne,   bei des Sieggotts Burg,
Bei des Ehbetts Frieden,   bei Ullers Ring.“
Doch führte zum Tode   den Führer der Kampfschar,
Den Hüter des Hortes   ein knirschender Hengst.

31
Den lebenden Fürsten   legte der Wächter Schar

In den tiefen Kerker:   da krochen wimmelnd
Scheusliche Schlangen.   Es schlug Gunnar
Da einsam zürnend   mit den Zehen die Harfe.
Hell schollen die Saiten:   so soll das Erz
Ein gabmilder König   den Gierigen wehren.

32
Heimlaufen   ließ da Atli

Die knirschenden Rosse,   kehrend vom Mord.
Es rauschte rings   von der Rosse Drängen
Und der Krieger Waffenklang,   da sie kamen von der Haide.

33
Da ging entgegen   Gudrun dem Atli

Mit goldenem Kelch   den König zu ehren:
„Heil König! Nun hast du   in der Halle bei dir
Als Gudruns Gabe   die Geere der Todten!“

34
Atlis Älbecher   ächzten gefüllt,

Da hier in der Halle   die Hunnen sich scharten,
Rauhbärtge Recken   gereiht je zwei.

35
Heiter schauend schritt sie   ihnen Schalen zu reichen,

Die hehre Frau, den Fürsten,   und Bißen vorzulegen;
Doch Atli erbleichte,   da sie ihn anfuhr:

36
„Du hast deiner Söhne,   Schwertervertheiler,

Blutige Herzen   mit Honig gegeßen.
Ich meinte, Muthiger,   Menschenbraten
Liebtest du zu eßen   und zum Ehrensitz zu senden.

37
„Nicht ziehst du künftig   an die Kniee dir

Erp noch Eitil,   die Älfrohen beiden;
Nie siehst du wieder   vom hohen Sitze
Die Goldspender   Geere schäften,
Mähnen schlichten   und Mähren tummeln.“

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/233&oldid=- (Version vom 31.7.2018)