Seite:Die Gemälde-Galerie des Grafen A. F. v. Schack.pdf/26

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Das zeigte sich, als die beiden Oelgemälde, an denen er zwei Jahre lang mit angestrengtem Fleisse arbeitete, für mich vollendet waren, und ich habe später oft gemeint, dass sie besser ausgefallen sein würden, wären sie grau in grau von ihm gemalt worden.

Aus dem früher Gesagten erhellt, dass ich weit entfernt bin von der vulgären Ansicht, welche alle Bilder nach einer gewissen Schablone behandelt wissen will. Aber wenn ich Schwinds und Genellis Färbung für die ihren Intentionen völlig entsprechende halten muss, so kann ich nicht leugnen, dass Führichs Farben durch Grellheit und Härte, durch unharmonische Zusammenstellung störend wirken. Mittels nachträglicher Lasuren, vielleicht auch schon eines gelblichen Firnisses, könnte dieser Uebelstand in etwas gemildert, allerdings nicht ganz gehoben werden. Es ist seltsam, dass sich auf beiden Bildern Partien von grossem malerischen Effekte finden. So ist auf dem einen das Walddickicht und der Wipfel der gewaltigen Eiche, auf dem anderen der Morgenhimmel in der ersten Dämmerung, bevor noch die Sterne ganz erloschen sind, von ausserordentlicher Schönheit. Aber in den meisten übrigen Teilen, und namentlich in deren Zusammenstimmung, war die Palette des Künstlers nicht glücklich. Desto mehr befriedigen Komposition und Zeichnung. Sie zeigen den Meister in seiner vollen Kraft. Die Einführung des Christentums in Deutschland stellt einen Urwald dar, der sich eben zu lichten beginnt, und in welchem ein Kloster errichtet ist; um ein Muttergottesbild reihen sich verschiedene Figuren und Gruppen, in denen die durch Einfluss des Christentums beginnende Kultur vorgeführt wird und deren Contouren herrlich sind. Das andere Bild hat den Tod des Johann von Nepomuk, oder vielmehr den Augenblick zum Gegenstande, wo dessen Leiche von den Armen, deren Wohlthäter er gewesen, in der Moldau gefunden wird; es teilt die Vorzüge des ersteren. Führich versteht ebenso vortrefflich, die verschiedenen Stellungen des Körpers, selbst in der rapidesten Bewegung, wie die Affekte der Seele wiederzugeben. Dies bewährt sich hier aufs glänzendste in den Heraneilenden, die Leiche des Heiligen Umdrängenden und sich mit den mannigfaltigsten Gebärden zu ihm Hinabbeugenden. Wer über die grossen Vorzüge dieser beiden Gemälde, welche in einer Photographie jedem Empfänglichen einleuchten müssen, hinwegsehend, nur das Kolorit tadelt, dem mag vergönnt sein, über die sogenannten koloristischen Meisterwerke des Tages in Entzücken zu geraten. Jeder Einsichtige erkennt den Kunstwert von Rafaels Grablegung im Palast Borghese an, obgleich die Farben, namentlich, wenn man sie neben die von Tizians Grablegung in Paris hält, das Auge nicht eben angenehm berühren. Eben so billig sollte man gegen Führich sein. In Bezug auf den letzteren gebe ich jedoch zu, dass seine Gemälde in der Farbe noch immer weit hinter jenem Jugendwerke des grossen Italieners zurückstehen.

Den etwas jüngeren Eduard Steinle hatte ich schon lange, bevor ich nach München kam, durch seine Zeichnungen und Aquarelle kennen und bewundern gelernt. Da er in der Pinselführung ungleich geübter als Führich war, ja manchmal sogar darin wahre Virtuosität bekundete, so ist es unendlich zu beklagen, dass er seine zahlreichen Entwürfe nur zum geringsten Teile in Oel ausgeführt hat. Seine meisten Gemälde sind Madonnenbilder und Darstellungen aus der heiligen Geschichte, häufig an die von Overbeck erinnernd, und gleich denen seines älteren Freundes von tieferer Empfindung beseelt. Man fühlt bei ihrer Betrachtung, wie der Meister mit Andacht an sein Werk gegangen ist, und vielleicht wie Fra Angelico, bevor er den Pinsel ergriff, ein Gebet gesprochen hat. Seine besten Bilder sind aber, meiner Meinung nach, nicht diese kirchlichen, sondern Kompositionen von märchenhaftem Charakter, oder deren Stoff bald mittelalterlicher Sage, bald den Dichtungen der Romantiker entlehnt ist. Hierin stand er nicht hinter Schwind zurück, und dies würde allgemein anerkannt werden, wenn seine derartigen Zeichnungen und Aquarelle nicht in alle Welt zerstreut, und durch Privatbesitz den Augen des Publikums entzogen wären. Echt charakterisirt wird diese Phase seiner Kunst durch die treffliche „Märchenerzählerin“, wo eine Alte einem Kreise von Kindern ihre schaurigen Geschichten vorträgt und der Inhalt ihrer Erzählungen durch eine unheimliche Gestalt angedeutet ist, welche im Hintergrunde mit Totenköpfen spielt. Ich bestürmte oft den Meister, diese Märchenerzählerin für mich zu malen; aber beschäftigt mit grossen Arbeiten für Kirchen, konnte er nicht Zeit finden, meinem Wunsche nachzukommen. Noch mehr, aber gleichfalls vergebens, hegte ich dasselbe Verlangen in Bezug auf seine wundervollen Compositionen zu Brentanos Märchen und „Rosenkranz-Romanzen“. In der Zeit,