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Und ich sah, wie durch den Engpaß sechs Nomaden sich näherten, die Mäntel mit breiten grünen Streifen als Einfassung trugen und die einen anderen Beduinen mit gebundenen Händen vorwärtsstießen.

„Es sind Leute vom Stamme der Gatara, die dort im Süden die Oase Gorschan bewohnen,“ erklärte der Einsiedler. „Sie bringen jede Woche sechs Hammel für meine Löwen. Sie scheinen den Mann ergriffen zu haben, der Sie verfolgte. Meine gelben Katzen kennen sie und sind gut Freund mit ihnen.“

Die sechs Gatara kamen die Treppe empor. Jetzt hatten wir sie dicht vor uns. Ihr Gefangener aber war – Rastra.

Der Einsiedler erkannte seinen Halbbruder sofort. Ich sah, wie er zurückfuhr, sich zu fassen suchte. Rastra vermutete in diesem weißhaarigen Greise seinen Bruder nicht, was schon aus seinen Worten hervorging, die er mir entgegenrief, bevor noch einer der Gatara zum Sprechen kam.

„Denken Sie nicht schlecht von mir, bitte! Ich bin Ihnen vom Lager aus nachgeschlichen, da ich hoffte, Sie würden sich zu meinem Bruder begeben, den ich Ihrer gestrigen Äußerung nach hier in der Umgegend des Dschebel el Tit vermutete. Sie sagten ja ungefähr: „Morgen Mittag kann ich Ihnen vielleicht mitteilen, was mir heute noch verboten ist.“ – Da lag die Vermutung nahe, daß es sich um meinen Bruder handeln könnte und daß Sie ihn heimlich aufsuchen würden. Ich habe Thomas stets innig geliebt. Ich sehne mich nach ihm und würde glücklich sein, wenn ich ihn fände.“

Der Heilige des Tempelberges schickte jetzt die Gatara weg. Sie hatten die mitgebrachten Hammel wie immer in eine enge Abzweigung des Engpasses eingesperrt, kehrten nun in ihre Dörfer zurück.

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Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/221&oldid=- (Version vom 31.7.2018)