Seite:Die Goldkarawane.pdf/81

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ich denn auch – meinen Nachbar zu Gesicht, von dessen Anwesenheit ich bisher nichts geahnt hatte. An einer vielleicht zwei Schritt entfernten zweiten Säule war ein zweiter Gefangener aufrecht angebunden. Ich bemerkte zunächst nur die helle Beduinentracht mit zurückgeschlagener Kapuze, dann – dann – ging mir ein förmlicher Ruck durch den Körper, denn – das Gesicht dieses meines Leidensgefährten glich auf ein Haar dem des Mynheer Zuitenbrook, wie ich diesen damals ohne Verkleidung in der Nebenkabine auf dem Dampfer belauscht hatte! Nur – er hatte hier die Perücke auf und besaß auch Ohren – natürlich künstliche! Der Bart fehlte aber.

Ja – es war Zuitenbrook-Rastra! Und jetzt – jetzt erst fiel’s mir plötzlich wie Schuppen von den Augen, jetzt wußte ich, wer mir dort bei Mamura gedroht hatte, mir ein Loch in den Schädel zu schießen, wer dann so unerwartet bei dem Nahen der drei Straußenjäger verschwunden gewesen war – Zuitenbrook! – derselbe Zuitenbrook, der mich im Brunnen der Aussätzigen hatte ersäufen wollen und der meinen Stutzen gestohlen hatte.

Und wie ich ihn jetzt noch so ganz entgeistert anstarrte, mußte er wohl meinen Blick gefühlt haben, drehte langsam den Kopf und sah mich eine Weile durchdringend an. In seinen Augen las ich deutlich nichts als Feindseligkeit und ohnmächtige Wut. Dann schaute er wieder weg.

Mein Stutzen! Alles andere war mir jetzt Nebensache. Ich blickte nach dem Feuer hin. Dort rechts lehnten an der Felswand ein paar kurze Karabiner, – und mitten unter ihnen war – mein Stutzen, – noch kürzer wie sie, noch plumper das Schloß! Und doch war er ja unendlich mehr wert als alle diese wahrscheinlich gestohlenen Militärkarabiner zusammengenommen.




Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Goldkarawane. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1919, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Goldkarawane.pdf/81&oldid=- (Version vom 31.7.2018)