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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Ich gefiel mir indeß wohl in der milden, stillen September-Atmosphäre, und die Shäkerschwestern schienen mit Vergnügen unser sichtbares Interesse für sie und ihre Gesellschaft zu bemerken.

Sie waren von Herzen freundlich und recht angenehm, weit mehr als ich geglaubt hatte, als ich sie während der Vormittagsposse gesehen. Als wir Abschied nahmen, sagte ich zu ihnen: „Ich grüße Sie alle mit einem geistigen Kuß, denn ich vermuthe, daß Sie keinen andern haben wollen!“ — „O, wir sind nicht so einseitig!“ („We are not so particular!“) sagte lächelnd ein junges Mädchen streckte ihr hübsches Köpfchen vor und küßte mich; jezt kamen auch die andern und wir, Rebekka und ich, hatten einen herzlichen Küssewechsel mit den Shäkerinnen; und als sie dabei lächelten, sagte ich zu ihnen: Ich glaubte, daß Sie nicht lächeln könnten, und jetzt lachten sie wieder herzlich, aber still, und eine der älteren sagte: „O, ich möchte um viel gute Dinge mein gutes Lachen nicht entbehren!“ Sie waren recht artig, gemüthlich und angenehm, tausendmal mehr, als einige weltliche und gedankenlose „ladies“ die im Hotel am Libanonbrunnen sich sehr vornehm und hochweise über die armen Shäkerinnen ausließen.

Ich erhielt von ihrer Gesellschaft einen guten Eindruck, und ich habe von Personen, die mehrere Jahre lang mit Shäkern in Berührung gestanden, viel Gutes von ihnen gehört, besonders von ihrem christlichen, gegenseitigen Liebesleben, von ihrer Güte gegen arme Leute, sowie ihrer zärtlichen Verpflegung der Kinder, die ihnen anvertraut werden, theils von armen Leuten außerhalb ihrer Gesellschaft, theils von Familien, die Mitglieder darin werden, die aber da leben, indem sie keine natürliche Bande, sondern bloß geistige Verhältnisse anerkennen. Die Verpflegung der alten und kranken Gemeindemitglieder soll auch vortrefflich sein, wie ich von meiner lieben Doctorin in Boston, Miß Hunt, gehört habe, welche in zwei

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/214&oldid=- (Version vom 12.12.2020)