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„Wie, – sie hat ihren Mann getötet, Harald“, brachte ich nur mit Mühe hervor.

Er nickte sehr nachdrücklich.

„Der Prozeß Thea Bink liegt fünfundzwanzig Jahre zurück, und es war für mich nicht ganz leicht, Einzelheiten darüber festzustellen, ohne die Polizei zu behelligen. Frau Binks Gatte, dem dieses Haus gehörte, war dem Namen nach Dekorateur und Malermeister. Er … trank, er betrog seine Frau, er kam tagelang nicht nach Hause, hatte wiederholt Anfälle von Delirium tremens, zerschlug die Möbel, prügelte Frau Thea, und bei einer dieser nächtlichen Szenen griff sie zu einem Beil und ging nachher zur Polizeiwache und meldete kaltblütig: „Ich habe meinen Mann erschlagen. Ich hielt dieses Leben nicht länger aus.“ Bei der Gerichtsverhandlung wurde nachgewiesen, daß Karl Bink gerade in dieser Nacht ausnahmsweise nüchtern nach Hause gekommen war, und daß seine Frau das Beil am Tage vorher hatte schleifen lassen. Sechs Jahre Zuchthaus erhielt sie wegen Totschlags. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie wäre wegen Mordes zum Tode verurteilt worden. Zu den Tatbestandsmerkmalen des Mordes gehören bekanntlich strafrechtlich Vorsatz und Überlegung. Die Geschworenen nahmen damals Vorsatz an, verneinten jedoch die Frage, ob die Tat mit Überlegung geschehen sei.“

Ich hörte stillschweigend und geradezu benommen von diesen entsetzlichen Enthüllungen meinem Freunde mit größtem Mißbehagen zu. Einer Gattenmörderin traute ich es auch sehr wohl zu, daß sie uns beide beseitigte, wenn wir ihr bei ihren Racheplänen gegen den Arzt irgendwie hinderlich sein sollten, dessen Leben unter diesen Umständen allerdings an einem dünnen Fädchen hing.

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Die Kaschemme Mutter Binks. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1933, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kaschemme_Mutter_Binks.pdf/35&oldid=- (Version vom 31.7.2018)