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sagte, dass sie ihn zu sprechen wünschten. Als einer seiner Jünger um Urlaub bat, um seinen Vater zu beerdigen, war seine schreckliche Antwort: „Lass die Toten ihre Toten begraben.“ Er wollte nicht dulden, dass irgend ein Anspruch an die Persönlichkeit herantrat.

So also ist der, der ein christusgleiches Leben führen will, vollkommen und vollständig er selbst. Er mag ein grosser Dichter sein oder ein grosser Forscher; ein junger Student oder ein Schafhirt auf der Heide; ein Dramatiker wie Shakespeare oder ein gottdenkender Mensch wie Spinoza; ein spielendes Kind im Garten oder ein Fischer, der seine Netze auswirft. Es kommt nicht darauf an, was er ist, solange er die Vollkommenheit der Seele verwirklicht, die in ihm ist. Alle Nachahmung in moralischen Dingen und im Leben ist von Uebel. Durch die Strassen Jerusalems schleppt sich heutigen Tages ein Wahnsinniger, der ein hölzernes Kreuz auf den Schultern trägt. Er ist ein Symbol der Leben, die die Nachahmung verkrüppelt hat. Vater Damien war

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Oscar Wilde: Drei Essays. Karl Schnabel, Berlin 1904, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Drei_Essays_Oscar_Wilde.pdf/43&oldid=- (Version vom 31.7.2018)