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Den Grabstichel führt er meisterhaft. Die Vertheilung von Licht und Schatten ist vortrefflich.

25) Montag. Gang zu L. Richter, welchen ich für morgen einlade. Wir gerathen in lebhafte Gespräche, die uns so lange festhalten, daß ich das Arbeiten auf dem Atelier für heute Vormittag aufgebe und nur einen kurzen Besuch daselbst mache. Ich lade noch Rethel, Peschel und Oehme ein. Bendemann bringt mir interessante Skizzenbücher von seinem Schwiegervater, dem nun verstorbenen Direktor Schadow, zur Ansicht.

26) Dienstag. Mein Geburtstag. Vor sechs Uhr schon stehe ich auf und ziehe mich an. Meine Frau hatte mir nämlich mitgetheilt, daß ich an diesem meinen Geburtstag mit Gesang in aller Früh würde begrüßt werden. Um 1/27 Uhr stellen sich im Garten über 30 junge Männer ein und singen drei schöne Lieder. Beim Schluß gehe ich in den Garten hinab und bedanke mich. Ich finde unter den Sängern Rethel, Sachße, G. Adolph und andere weniger oder mehr mir bekannte Künstler. Wislicenus stellt sich wenig später ein. Meine Frau schenkt mir Steins Lebensbeschreibung von Pertz... Nach Tisch besuche ich die gute Mutter und hole mir ihren Festgruß. Abends kommen infolge meiner Bitte Harleß und Frau, sämmtliche Blochmannsche..., Rethel, Oehme, Ludw. Richter, Krugs, und wir bringen den Abend unter lebendigen heitern Gesprächen, Gesang und allerlei Scherz und Ernst fröhlich zu. Erst 1/212 Uhr gehen wir auseinander. Ludwig und Emmy singen die schönen Mendelssohnschen Duetten zur besondern Freude des Harleß ... Peschel kam wegen Unwohlseins nicht.

27) Mittwoch. Auf meinem Atelier finde ich heute mein Porträt, das Medaillon von Rietschel, mit einem frischen schönen Blumenkranz umgeben. Meine Schüler erwarteten mich schon gestern daselbst und wollten mir ein gut Glas Wein zutrinken. Ich kam aber nicht, und da tranken sie allein auf meine Gesundheit.

30) Samstag... Großen Eindruck macht in Ansehung unserer deutschen Angelegenheiten die Rede des Generalleutnant von Radowitz, mit welcher dieser das Parlament in Erfurt eröffnet hat. Bis jetzt ist wohl an solcher Stelle kaum etwas gesagt worden, worin sich eine richtigere Erkenntniß der wahren Lage der Dinge und eine präcisere Erfassung dessen, was noth thut, kundgäbe.

April.

1) Ostermontag... Heute Nachmittag bin ich nun mit der Zeichnung für die Linder zu Stande gekommen. Es freut mich, daß dieser Auftrag, der schon vor vier bis fünf Jahren mir geworden ist, jetzt seine Erledigung gefunden hat in einer Weise, die mir, so hoffe ich, keine Schande machen wird. – Ich soll die Bemerkungen über diesen Tag nicht schließen können, ohne daß ich über die erwähnte Zeichnung noch etwas recht Schlimmes zu berichten hätte. Als ich mich etwas eilig zurecht machte, um mit Marie unsern drei ältesten Kindern zu Blochmanns zu folgen, stieß ich an die Unterlage, auf welcher das Bret mit jener Zeichnung ruhte. Das Bret fällt herab und, ohne daß dieses verletzt wird, reißt die Zeichnung von oben bis unten entzwei. So ist also eine Arbeit, die mir viel Anstrengung und Monate an Zeit gekostet hat, in Beziehung auf pekuniären Gewinn wenigstens ganz vergeblich gewesen... An 400 fl. also habe ich durch diesen Unglücksfall verloren, und die Erfüllung meines der Linder gegebenen Versprechens ist wieder, Gott weiß wie weit, hinausgerückt.

2) Dienstag. Ich frage Direktor Frenzel[1] um Rath wegen möglichst guter Wiederherstellung meiner Zeichnung. Dieser kommt am Nachmittag, um den Schaden zu besehen, und meint, der Buchbinder Drache werde der geeignete Mann sein, um zu helfen. Schwester Ottilie schickt uns Billets in das Theater, woselbst Shakespeares „Was ihr wollt“ zur Aufführung gebracht wird. Sie meint, dadurch etwas zu meiner Zerstreuung beizutragen, was allerdings der Fall ist. Wir freuen uns alle des herrlichen Stücks.

3) Mittwoch... Dem Buchbinder Drache meine zerrissene Zeichnung übergeben, der sie sogleich in Arbeit nehmen will.

4) Donnerstag... Den Abend bringen Herr Otto Kade und Rethel bei mir zu. Ersteren hatte ich gebeten, Ludwigs Stimme und Fertigkeit im Spiel zu examiniren, um mir dann wegen dessen Unterricht in der Musik einen Rath ertheilen zu können.

5) Freitag. Ich abonnire auf das Neue Dresdner Journal, das nun von Siegel selbstständig in deutscher Gesinnung fortgeführt wird.

7) Sonntag. Bei Quandt die Stiche des Georg Pencz gesehen. Es sind herrliche Sachen darunter, an welchen der Hauch Rafaelischen Geistes zu spüren ist.

8) Montag. Bei dem Buchbinder Drache finde ich meine zerrissene Zeichnung so gut zusammengefügt, wie ich es irgend erwartete. Das heißt nun nicht etwa, daß man nichts sähe; der Riß war der Art, daß eine völlige Wiederherstellung gewiß unmöglich war; aber die Theile passen gut zusammen und die Spuren des Risses sind nicht gerade störend. Jedenfalls nehme ich die Zeichnung mit nach München und stelle der Linder frei, ob sie dieselbe behalten will oder nicht. Beim Verfolge meines Weges nach dem Atelier begegne ich dem König und der Königin. Der Erstere redet mich mit großer Freundlichkeit an und erkundiget sich nach meinem Befinden,


  1. Direktor des Kupferstichkabinets.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 175. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/186&oldid=- (Version vom 19.5.2024)