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24) Freitag. Rethel packt seinen Karton ein und rüstet zur Abreise...

Auch Rethel geht morgen und verabschiedet sich am späteren Abend in unserem Hause. Wir scheiden als sehr innige Freunde. Der gute Rethel hat viel gelitten unter der Last einer trüben Stimmung. Es muß irgend etwas Besonderes ihn drücken und an seinem Herzen nagen. Ich habe nicht versucht, einzudringen in seine Verhältnisse, obwohl es fast schien, als wolle er mich näher in dieselben einführen. Die Offenheit, Redlichkeit seines Charakters, die seltene Berufstreue, Gewissenhaftigkeit und Ausdauer, mit welcher er seine Pflichten erfüllt, so weit ich sie zu erkennen vermag, haben meine ganze Achtung erworben.

Juni.

8) Samstag... Mein Karton, der heute fertig geworden ist, wird Nachmittags abgenommen und zur Verpackung vorbereitet.

1851.

Juli.

28) Montag. Ausstellung. Große Gemälde von Platner, Rahl, Albert Zimmermann. Des letzteren große Landschaft[1] ist vortrefflich. Donners „Tod Körners“ könnte besser sein. An Rahls Bilde finde ich auch nichts Besonderes. Es stellt „König Manfreds Einzug in Luceria“ vor. Viel Schönes hat Platners Gemälde, eine Madonna mit dem Kinde auf dem Throne und Heilige. Moosdorfs Heinrich I. gefällt mir auch nicht sehr. Ich finde den Gegenstand[2] widerwärtig. – Unser neues Museum finde ich sehr vorgeschritten. Man ist mit der Bedachung beschäftiget. Begierig bin ich, wie die Beleuchtung der Kuppel sein wird. Das ist der bedenkliche Punkt. Sonst werden die Oberlichter gewiß alle gut. Von den Zwickel-Basreliefs an den Fenstern ist die Figur des Adam vollendet und zwar recht sehr gut. Die Aussicht von dem Dache des Museums ist wundervoll.

August.

2) Samstag. Am frühen Morgen erfülle ich meine Pflicht bei der Ausstellung. Es sind ziemlich viel neue Bilder angekommen, wenn auch keines von Bedeutung. Zwei Zeichnungen von Genelli, Flucht nach Aegypten und Ruhe auf der Flucht, sind, wie alle seine Sachen, geistvoll. Besonders schön ist die erstere. Die Anordnung ist vortrefflich und die Auffassung wahrhaft gemüthlich.

6) Mittwoch. Herr Georg Wigand, welcher brieflich sich bei mir von Leipzig aus angekündiget hat, nachdem er durch Ludwig Richter vernommen, daß ich mit ihm wegen des biblischen Werkes zu reden wünschte, besucht mich heute in der Frühe. Er spricht sich sehr günstig über das Unternehmen aus und giebt seine Bereitwilligkeit zu erkennen, an derselben sich zu betheiligen. Ich soll ein Probeblatt auf Holz zeichnen, das er schneiden lassen wird, soll meine Forderungen stellen und er will dann mit Longman das Weitere besprechen.

9) Samstag... Brief von G. Wigand erhalten. Er ist für das Bibelunternehmen sehr eingenommen und wünscht, daß dasselbe unter deutscher Firma erscheine.

13) Mittwoch. Wieder ein Brief von Herrn Wigand. Er sendet mir den Entwurf eines Vertrags, in welchem die Möglichkeit vorausgesetzt wird, daß ich monatlich zehn Zeichnungen liefern kann. Da liegt ein großes Mißverständniß. Sobald von einer Veröffentlichung die Rede ist und ich in Verbindung treten will mit einem Verleger, tritt die Gefahr ein, daß ich mich zur Eile drängen und in die Lage bringen lasse, flüchtig und leichtsinnig zu arbeiten.

15) Freitag. Ich antworte Wigand und schreibe ihm, daß, so weit meine Vorarbeiten reichen und wenn ich bei der Uebertragung mir helfen lasse, monatlich höchstens vier Zeichnungen auf Holz geliefert werden können; daß ich, wenn große Beschleunigung in der Aufeinanderfolge der Lieferungen unumgänglich sei, mit anderen schaffenden Kräften mich verbinden müsse...

21) Donnerstag... Mit meinem Zeichnen auf Holz will es nicht recht gehen. Ich vermag keinen Vortrag zu finden, welcher die einfachen Formen meiner Zeichnung in hinreichender Lebendigkeit der Schraffirung giebt, wie der Holzschnitt fordert; und soll ich etwa dieser Lebendigkeit zu Lieb jene gebrochenen und manierirten Formen mir aneignen, welche der altdeutsche Holzschnitt aufgebracht hat? Das mag ich nicht, wenn ich’s auch vermöchte... Verstimmung und Schläfrigkeit lassen mich nach Tisch nicht zur Arbeit kommen. Ich entschließe mich zu einem Spaziergang, zu welchem die herrliche frische Luft ohnehin einladet. Noch nie war ich auf der goldnen Höhe. Um 4 Uhr mache ich mich dahin auf den Weg. Der Gang erfrischt mich sehr. Den Rückweg mache ich in Gesellschaft eines Herrn aus Preußen, der die Befreiungskriege mitgemacht hat und durch seine Erzählungen mir jene Zeiten und Dinge in die Erinnerung zurückruft, die nie ermangeln mich zu elektrisiren.

22) Freitag... Brief von Herrn Wigand. Er besteht nicht auf zehn Blättern per Monat. Fremdartiges (also Hülfe) will er nicht... Vor allem kommt


  1. Landschaft im Regen mit Staffage.
  2. Die ungarischen Abgesandten vor Heinrich I. empfangen statt des geforderten Tributs einen räudigen Hund.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1892–1896, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Erster_Band.pdf/188&oldid=- (Version vom 20.5.2024)