Seite:Elektrische und Optische Erscheinungen (Lorentz) 081.jpg

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worden sind, um die Circularpolarisation zu erklären. In der That halte ich, in Ermangelung einer Theorie, welche der Erscheinung tiefer auf den Grund geht, die Einführung des Gliedes für nicht besser und nicht schlechter als die Hypothesen jener Physiker.

Das letzte Glied in (68) hat eine eigentümliche Bedeutung. Demselben entspräche nämlich eine Drehung der Polarisationsebene, welche in einem Körper, der von seinem Spiegelbilde verschieden ist, durch die Bewegung der Erde hervorgerufen würde[1].


  1. Die folgende Betrachtung dürfte wohl geeignet sein, die Existenz der electrischen Kraft , von der im Texte nur die Möglichkeit dargethan wurde, auch einigermassen wahrscheinlich zu machen. Da ein Molecül einer circularpolarisirenden Substanz eine gewissermaassen „schraubenförmige“ Struktur haben muss, so dürften die Theilchen, aus denen es besteht, dergestalt mit einander verbunden sein, dass die Verschiebung eines derselben eine kreisförmige Bewegung eines oder mehrerer anderen hervorruft. Es möge sich z. B. ein positives Ion A der Geraden G entlang bewegen und dadurch das Moment hervorrufen, sodass die Geschwindigkeit proportional ist, und es möge diese Bewegung begleitet sein von einem Umlaufe einiger anderen, ebenfalls positiven Ionen B in einem Kreise, der G zur Axe hat. Zwischen den Geschwindigkeiten von A und B bestehe hierbei ein constantes Verhältniss. Die Bewegung der Theilchen B constituirt dann einen kreisförmigen electrischen Strom, der proportional ist, und dieser erzeugt in dem Molecül und in seiner Nähe eine „locale“ magnetische Kraft, welche bei A mit der Linie G, also auch mit , zusammenfällt und proportional ist. Combinirt man nun, dem letzten Gliede der Grundgleichung (V) gemäss, diese magnetische Kraft mit der Geschwindigkeit , so erhält man eine electrische Kraft wie .