Seite:Elektrische und Optische Erscheinungen (Lorentz) 100.jpg

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von den Herren Michelson und Morley[1] wiederholten Versuche über die Fortpflanzung des Lichtes in strömendem Wasser. Die Anordnung derselben dürfte wohl zur Genüge bekannt sein, sodass wir uns darauf beschränken können, die Ergebnisse noch etwas eingehender, als es gewöhnlich geschieht, mit der Theorie zu vergleichen.

Um die Formel (82) anzuwenden, hat man zunächst aus den Versuchsbedingungen die relative Periode abzuleiten, und sodann aus der Dispersionsformel für ruhendes Wasser den dieser Periode entsprechenden Brechungsexponenten N. Der auf diese Weise berechnete Werth von V/N ist dann schliesslich in (82) für W zu substituiren. Was nun aber jene relative Periode betrifft, so ist eine nähere Betrachtung erforderlich.

Bekanntlich kamen bei den Experimenten zwei neben einander liegende, mit Glasplatten verschlossene Röhren in Anwendung, durch welche das Wasser mit derselben Geschwindigkeit, aber in entgegengesetzter Richtung floss; da die zur Ein- und Ausführung des Stromes dienenden Ansatzröhren sich ganz nahe an den Enden befanden, so darf man annehmen, dass an allen Stellen, wenigstens in dem mittleren Theile des Querschnitts, dieselbe Geschwindigkeit bestanden habe[2]. Die beiden Lichtbündel, die mit einander interferiren sollten, durchliefen den Apparat nun so, dass sich das eine in den beiden Röhren in der Richtung des Wasserstromes, und das andere stets in entgegengesetzter Richtung fortpflanzte.

Wir fassen jetzt einen festen Punkt P im Innern einer der Röhren ins Auge. Die Bedingungen, unter denen sich das Licht von der Quelle zu diesem Punkte fortpflanzt, bleiben offenbar — wenn der Wasserstrom stationär ist — fortwährend dieselben, und zwar gilt das für die beiden Wege, auf welchen die Strahlen den Punkt P erreichen können. Impulse, die mit gewissen Zwischenzeiten von der Quelle ausgehen, werden mit denselben Zwischenzeiten in P anlangen, und wenn T die


  1. Michelson and Morley. American Journal of Science, 3d. Ser., Vol. 31, p. 377, 1886.
  2. In den weiteren Formeln dieses Paragraphen bedeutet einfach die Grösse der Geschwindigkeit.